9,7-m-Kommandantenboot (Motorpinasse)

9,7-m-motor launch

Seitenansicht ohne Unterwasserteil / starboard view

zwei Originalfotos (ich danke Herrn Uwe Lux für die Fotos) / two original photos

Die überdachte Motorpinasse wurde auf div. Schiffen der Bundesmarine gefahren: Tender der RHEIN-, LAHN- und MOSEL-Klasse und auf dem Schulschiff DEUTSCHLAND. Das Fahrmodell wird im Plan-Maßstab 1:15 643 mm lang und muß als voll ausgerüstetes Fahrmodell 1,78 kg wiegen. Beim Maßstab 1:10 wären es 964 mm Länge und etwa 6,00 kg Gewicht. Sie erinnern sich, daß ich alle meine Zeichnungen in beliebiger Größe ausdrucken lassen kann...?

9,7-m-Kommandantenboot

In der Zeitschrift MODELLWERFT hatten wir den Tender DONAU und damit die sog. RHEIN-Klasse der Bundesmarine vorgestellt. Auf den Schiffen dieser Klasse wurden neben zwei 9-m-Motorbeibooten etatmäßig auch zwei 9,7-m-Kommandantenboote gefahren; an der Backbordseite jeweils eines ohne Kajüte am Heck (Typ 935) und an der Steuerbordseite je eines mit Kajüte am Heck (Typ 936). Die offizielle Bezeichnung für die letztgenannten Boote lautete vermutlich „Pinasse Typ 936“. Davon wurden für den Bedarf der Bundesmarine vermutlich nur wenige Exemplare hergestellt. In Veröffentlichungen spricht man von 14 bis 15 Booten des Typs 936, den wir hier als Zeichnung vorstellen. Offenbar unterscheitet sich der Typ 935 (24 Boote wurden gebaut) fast nur durch das Fehlen der Kajüte am Heck. Nach meinen Erkenntnissen wurde der Typ ohne Kajüte auf folgenden Schiffen gefahren, auf den/dem:

-       vier Zerstörern der HAMBURG-Klasse in den ersten Jahren je ein Boot an Backbord,

-       beiden Minenlegern der BOTTROP-Klasse je ein Boot an Backbord,

-       Taucherschulschiff EMS ein Boot an Steuerbord,

-       Tendern der RHEIN-Klasse je ein Boot an Backbord,

-       Tendern der MOSEL-Klasse je ein Boot an Backbord,

-       Schulschiff DEUTSCHLAND je ein Boot an Back- und Steuerbord und

-       Sperrwaffen-Erprobungsboot MÜHLHAUSEN (ex WALTHER VON LEDERBUR) ein Boot an Steuerbord.

Es ist zu erwähnen, dass später mit dem Typ 954 noch Nachfolger des Typs 935 mit GfK-Rümpfen gebaut wurden. Der Typ 936 mit Kajüte am Heck wurde neben den erwähnten Tendern der RHEIN-Klasse (je ein Boot an Steuerbord) auf weiteren Schiffen gefahren:

-       Tender der LAHN-Klasse je ein Boot an Steuerbord (ein Deck tiefer als bei der RHEIN-Klasse),

-       Tender der MOSEL-Klasse je ein Boot an Steuerbord und

-       Schulschiff DEUTSCHLAND ein Boot an Steuerbord (innen).

Auf den 1:10-Werftplänen, erarbeitet vom Schiffbau-Ing. Kurt A. Oehlmann aus Travemünde, welche mir bei der Erarbeitung meiner Zeichnungen zur Verfügung standen und aus den Jahren 1959/61 stammen, ist auch die Entwurfs-Nr. 276 auf allen Bögen angegeben. Aus den Zeichnungen gehen die Hauptabmessungen des Bootes hervor:

-       Länge über alles = 9,637 m

-       Länge in der Wasserlinie = 8,85 m

-       größte Breite = 2,60 m

-       Breite in der Wasserlinie = 2,44 m

-       Seitenhöhe = 1,56 m

-       Rumpftiefgang = 0,653 m

-       größter Tiefgang = 0,90 m sowie

-       Verdrängung = 6,00 ts

Die Boote wurden auf der Werft Gebr. Schürenstedt (auch Bootswerft Fa. Schweers?) in Bardenfleth bei Bremen gebaut, möglicherweise auch bei der Hatecke-Werft in Drochtersen oder Everswerft in Niendorf). Sie sind komplett aus Holz gebaut: auf 36 Eichenspanten (Rahmenspanten) sind zwei Lagen Mahagoni-Planken aufgebracht; in Diagonalkarweel-Lagen mit Leinwand-Zwischenlage. Die Aufbauten wurden aus Teak und Mahagoni gefertigt. Die Boote hatten ein relativ völliges Vorschiff mit einem Knick in der Außenhaut sowie sehr gefällige Formen und Linien. An Seite Deck gab es eine umlaufende Scheuerleiste (a) und an den Bordseiten weitere (b)(c). An vier Stellen ist die umlaufende Scheuerleiste mit Blechstreifen (d) bewehrt. An diesen Stellen greifen die Zurrhaken mit Stropps und Spannschrauben um die Deckskante, welche das Boot in den Bootslagern seefest zurren. Hinten (e) als auch vorn am Bug sieht man gelegentlich von Ketten gehaltene Fenderkissen als Schutz an der Scheuerleiste. Neue Fotos, welche ich bei der Erarbeitung der Zeichnungen noch nicht zur Verfügung hatte, beweisen, daß der Auspuff nicht an der Steuerbord- sondern an der Backbordseite sitzt, jedoch auf gleicher Höhe über der KWL und auch recht weit am Außenrand des leicht gewölbten Spiegels. Der Propeller ist zum Schutz gegen Grundberührungen mit einer Ruderhacke (g) umschlossen, welche auch als Lager für das Ruder dient. Der Fall des Kiels ist relativ stark, er läuft hinten in ein Todholz (h) aus. Kiel und Vorsteven werden von einer Blechschiene (j) umschlossen. Der Schnitt D – D gewährt durch „Wegschneiden“ der Kajüte hinten und des Dachs vorn Einblick in die lange Plicht. Der Steuerstand ist an der linken Seite angeordnet (Schnitt E - E), rechts befindet sich eine kleine Doppeltür (k) als Zugang zum Raum unter der „Back“ (Vorpiek). Eine Blechhaube (l) deckt den Motor ab. An der Backbordseite sehen wir einen Feuerlöscher (m) in seiner Halterung und einen Rettungsring (n). Der Kajütenraum ist von einer niedrigen Tür verschlossen (Schnitt C – C). Darin gibt es rundum Sitzbänke und zwei Schränke (o).

Das Deck des Bootes ist im Stil eines Yachtdecks aufwendig mit Königsplanke (p)(Stabdeck/Fischung) ausgeführt. Die Einkämmung sieht man besonders auf der Back gut. Das ist vor allem für den Modellnachbau interessant, denn Deck und beide Kajüten, mit Ausnahme deren Dächer, waren nur farblos lackiert. Auch die Handläufe an den und der gesamte Innenraum in den Kajüten waren farblos lackiert. An Seite Deck steht eine Leiste (q) fast über die gesamte Bootslänge hochkant. Im vorderen Bereich ist diese verbreitert. Hier sitzen zwei Lippklampen (r) auf und ein kleiner Stockanker liegt in einer Halterung. Am Heck gibt es zwei weitere Lippklampen und insgesamt hat das Boot sechs Festmacherklampen (s). Alle Klampen, der kleine Doppelkreuzpoller in der Mitte der Back, die Halterungen für beide Flaggstöcke, die Lüfter (t) und (u), die Einfüllöffnungen (v) für die beiden im Heck eingebauten Kraftstofftanks sowie die Buchsen (w) für den Planenbügel waren Messing-Gussteile.

Das Boot hatte selbstverständlich einen kleinen, mit Stahlseilen seitlich abgestakten Mast und eine vorschriftsmäßige „Befeuerung“ mit „Dampferlicht“ (x), Seitenlaternen (y) und Hecklicht (z). Die senkrecht stehenden Bretter der Lichtkästen gehen nach hinten geschwunden in Handläufe über. Der mittlere Teil der Plicht konnte mit einer Persenning-Plane (gestrichelt) noch abgedeckt werden. Diese hatte an beiden Seiten Fenster und Einstiegsöffnungen (a´) im Bereich der Leitern (b´). Auch bei den Pinassen des Typs 935 konnte die Plicht ganz bis hinten mit einer Plane verdeckt werden. In meiner Zeichnung fehlen bei der Bugansicht F die beiden Scheibenwischer an den Frontscheiben. Auch dies ist darauf zurückzuführen, daß ich erst später weitere Fotos bekommen habe. Teilweise sollen auch Schleuderscheiben in die Frontscheiben eingebaut gewesen sein. Unsichere Angaben gibt es zur Motorisierung. Im Internet wird ein 6-Zylinder-Motor Typ Mercedes Benz „OM 312“ erwähnt, welcher in Feuerwehrfahrzeuge eingebaut war und mit 4,6 Liter Hubraum eine Leistung von 90 PS hatte. Das Bordnetz war auf 230 V ausgelegt. Der Generator lieferte max. 420 Watt. Man redet jedoch auch von unterschiedlicher Motorisierung: 47, 54, 62 oder gar 75 PS. Mehrere Boote fahren heute noch, teils sehr gut erhalten. Es kann sein, daß bei diesen Booten inzwischen andere Motoren eingebaut wurden. Ebenso unsicher sind weitere Angaben zur Ausrüstung der Boote: Echolot, Sumlog (Fahrtmess-Anlage), Kompass, Motor-, Hand- bzw. elektrische Lenzpumpe, Suchscheinwerfer, Selbststeueranlage sowie der Kraftstoffvorrat von 200 Liter und ein Wassertank von 70 Liter Inhalt.

Wegen der guten Zeichnungs-Unterlagen konnte ich den Mittellängsschnitt A – A ausführlich zeichnen. So bekommt man eine Vorstellung vom inneren Aufbau des Bootes mit Motor-Fundament (c´) und den Heißaugen (d´). Auf welche Weise das Heißgeschirr jedoch angeschlagen wurde, ist nicht bekannt. Die Boote wurden entweder mit Bordkränen, wie im Falle der Tender oder beim Schulschiff DEUTSCHLAND, oder auch mit Schwenkdavits ausgesetzt.

Jürgen Eichardt

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