Miniaturketten für Relinge usw.

miniature chain for rails etc.

Die Miniatur-Ketten, die man für den Modellbau kaufen kann, gefallen mir nie richtig, weil deren Glieder in der Regel nicht oval sind, sondern mehr kreisrund. Auch die Kettchen, die der Juwelier hat, sehen so ähnlich aus. Ich habe beschlossen, die winzigen und zudem meist recht kurzen Stücke von Ketten für Relinge usw. für mein 1:50-Zerstörer-Modell USS CASSIN YOUNG selbst anzufertigen. In der Vergangenheit habe ich ein anderes Verfahren dazu angewendet. Hier nun habe ich mir etwas vollkommen Neues ausgedacht. Auch hier möchte ich wieder den dringenden Rat geben, diese "Ketten-Produktion" für den Anfang nicht so sehr klein zu wagen. Die wesentlichen Arbeitsgänge mache ich unter dem Stereo-Mikroskop. Bei vielleicht doppelt so großen Ketten genügt sicher eine Kopflupe mit 2,5-facher Vergrößerung. Über alle Varianten werde ich in Kürze einen ausführlichen Beitrag für die Zeitschrift SchiffsModell erarbeiten, auch über alternative "Ketten", also Imitationen.

 001 Später werde ich an der Stelle noch ein Foto von der 100-fachen (!) Vergrößerungszeichnung einfügen, ohne die es keinesfalls zu machen ist...

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Ein 10 mm breiter Stahlklotz (Automaten-Stahl genügt) erhält eine Quer-Nut 1,25 mm breit (1-mm-Fingerfräser, exakt messen!). Die Tiefe der Nut kann erst auf die errechnete Tiefe von 0,64 mm gefräst werden, wenn die obere Fläche mit dem gleichen Fräser überstirnt und die Skala vom Z-Höhensupport "genullt" wurde (digitale Meßeinrichtung).

Als seitliche Begrenzungen der Nut werden zwei Ms-Klötze mit M4-Senkschrauben befestigt. Unten 2-mm-Zylinderstifte, damit sich die Klötze nicht verdrehen können. Oben liegen die Flächen etwa 0,1 mm tiefer (!) als die obere Fläche vom Stahlklotz. Die untere Fläche als Standfläche wird danach noch einmal leicht überfräst.

Ein 0,6-mm-Schaft eines Wendelbohrers wird in der gezeigten Art mit blankem 0,18-mm-Kupferdraht umwickelt.

Dieses Bohrer-Ende habe ich in das Dreibackenfutter der Uhrmacherdrehmaschine gespannt und den Schaft bei nicht zu hoher Drehzahl fast vollständig mit dem Draht Windung an Windung bewickelt. Die Drehrichtung dabei ist nahezu egal. Der dabei entstehende Außendurchmesser ist etwa 0,96 mm. Den Bohrer-Schaft kann man nur durch Drehen in der Wickelrichtung herausziehen. Dreht man ihn falsch, klemmt sich die Drahtwendel nur fest!

(kleine Fotos anklicken) Dieser Vorrat an Drahtwendeln reicht für fast 2 Meter Kette.

Die Wendeln werden mit  einer sehr spitzen Fingernagelschere exakt auf die Länge der Nut im Stahlklotz geschnitten. Sie dürfen keinesfalls zu kurz sein, denn dann würden sich die einzelnen Glieder beim folgenden Flachdrücken nur auf die Seite legen und folglich nicht oval werden! In dem Zustand überragt das Wendel noch 0,36 mm die obere Stahlfläche.

Im Schraubstock habe ich diese Wendel in die Nut gedrückt. Dabei werden die Glieder oval geformt (Außenmaße: 0,64 x 1,25 mm).

Für das Abschneiden der einzelnen Glieder mit der gleichen spitzen Nagelschere konnte ich die Wendel in einer 1,2-mm-Spannzange aufnehmen. Jeweils etwa 10 Windungen lasse ich dazu ausragen. Bei diesem Foto erkennt man gut die Ovalform. Mit dem linken Zeigefinger unterstütze ich die ausragenden Wendel. Es gelingt, jeweils 1 bis max. 3 Glieder mit einem Schnitt abzutrennen. Sie fallen nach unten in eine große Auffangschale.

Die Glieder in einer Nahaufnahme.

Diese Glieder (oben) habe ich nur mit einer Kopflupe abgetrennt, nicht so optimal! Unten liegt als Größenvergleich eine handelsübliche Miniaturkette von M.Z.Modellbau ( www.mz-modellbau.net ). Die Glieder sind hier 1,37 mm lang, fast zu groß für den M 1:50.

 Für das Zusammensetzen der Kettenglieder zu einer Kette habe ich einen Spezialschraubstock aus zwei Alu-Teilen angefertigt. Das eine Profilstück hat eine Einspannfahne (C). Beide Teile werden mit drei M3-Senkschrauben verbunden und mit zwei Zylinderstiften (a) verstiftet. (b) ist eine Vorbohrung für eine kleine Druckfeder, welche später die beiden Backen innen auseinanderdrückt.

 Mit der Einspannfahne wird die eine Backe (die feste) im Maschinenschraubstock gespannt und in den Zustand die gesamte obere Fläche überstirnt, die digitale Höhen-Meßeinrichtung wird so "genullt". Die vordere Backe (die bewegliche) wird entfernt, die Backe mit der Einspannfahne bleibt eingespannt.

Dann fahre ich den Höhensupport exakt 0,25 mm nach unten und kratze mit dem gleichen Fingerfräser die vordere Fläche an. Hier stelle ich 0,1 mm in Richtung Backe zu und kann so eine Stufe 0,25 mm hoch und 0,1 mm breit per Gleichlauffräsen über die ganze Länge anfräsen. Mit bloßem Auge sieht man die Stufe kaum, das Foto ist eine starke Vergrößerung.

 Die beiden Backen sind hier längs etwas verschoben. (4) ist ein 0,2 mm tiefer Freistich, (3) die untere Anlagefläche für die bewegliche Backe (D), (1) ist die erwähnte Stufe und (2) die Restfläche, welche auf gleicher Höhe mit (3) liegt, (C) ist die Einspannfahne an der festen Backe.

 Die beiden Bohrungen 2H7 in der festen Backe werden mit einem 2,1-mm-Bohrer (er hat exakt gemessen einen Durchmesser von 2,05 mm) aufgebohrt. Die Druckfeder ist eingebaut, die vorderste M3-Schraube hat einen Knebel, die hinterste M3-Schraube dient nun als Einstallschraube. Mit dieser wird der Alu-Schraubstock so eingestellt, daß sich die beiden nie zu weit öffnen können. Mit der Knebelschraube schließe ich den "Schraubstock".

 Hier der gesamte Arbeitsplatz. Die Lampe mit dem sehr leuchtstarken Leuchtmittel ist direkt "vor Ort". Die Pinzette spitz-flach angeschliffen und gratfrei. In der Schale rechts liegen rund 2500 Glieder. Etwa jedes Zehnte springt aus der Pinzette, man findet es im Hobbyraum kaum wieder.

 Nahaufnahme der Klemmvorrichtung. Der Becher ist an der festen Backe angeklebt, er hat einen Schlitz. Durch diesen wird die immer länger werdende Kette in den Becher hineingezogen.

 In Bildmitte ist ein Glied im Spalt geklemmt, links liegt die schon fertige Kette, vorn ein flach gedrücktes Glied, rechts-hinten ein Glied, wie es geschnitten war.

 Das im Spalt geklemmte Glied wird nach beiden Seiten hin geöffnet, links wird die Kette eingehakt und rechts das flache Glied, dann wird das geklemmte geschlossen.

 Das sind die ersten 130 mm Kette, ein ganzer Nachmittag Arbeit.

 Hier ist ein Glied zwischen Novotex-Backen geklemmt. Ich wollte die Glieder durch Lötung schließen, die Mini-Lötkolbenspitze war schon angefertigt, doch das Novotex (es ist eigentlich ein sehr gutes Material für Lötvorrichtungen) hält in diesen Minidimensionen die Löthitze nicht aus...! Auch die Klemmbacken aus Alu (paar Bilder weiter oben) sind nicht das "Gelbe vom Ei". Kupfer ist offensichtlich doch etwas härter als Alu. Die geklemmten Kupfer-Draht-Glieder verformen die schmalen Kanten, sodaß bald ein sicheres Klemmen nicht mehr möglich war.

 So habe ich mich entschlossen, für den großen Rest der Kettenglieder-Produktion eine Klemmvorrichtung de luxe herzustellen. Im Foto sehen wir an der rechten Seite zwei gehärtete Stahleinsätze aus Vierkant(!)-Silberstahl 5 x 5 mm (Fa. Wilms-Metall) gemacht. Auch diese Stahleinsätze sind mit 2-mm-Ms-Stiften "verstiftet", damit sie nach dem Härten (Wasserhärtung ohne Anlassen) exakt wieder in die gleiche Lage kommen, wie sie beim Fräsen der Spannstufe lagen. Die Arbeit mit dieser Klemmvorrichtung macht nun richtig Freude, Musik in der Werkstatt und Arbeit am Mikroskop, es baut richtig auf - Stichwort Selbstbewußtsein. Inzwischen habe ich schon 700 mm Kette hergestellt. Ich will alle Glieder zu Kette machen, das wäre dann knapp 2,5 m. So muß ich bei der Montage am Modell nicht "geizen"...

Hier sieht man deutlich die nur 0,1 mm breite Klemmstufe. Ich lege stets mehrere Glieder in den "Gesichtsbereich" des Mikroskops (schwarzer Kreis mit Fineliner aufgezeichnet). Danach beginnt das Flachdrücken und Zusammenhaken der Glieder zur Kette (links oben).

 Alle Glieder zusammen ergaben 1,7 m Kette, genug für das gesamte Modell.

Hier die Kette in einer Nahaufnahme. Die einzelnen Glieder werden nicht gelötet. Man erkennt es mit bloßem Auge nicht und zudem kommt keinerlei Zug auf die Ketten.

Einige Kettenstrecken habe ich bereits verbaut. Davon nun mehrere Fotos.

Das gleiche Stück von "innen" fotografiert.

Eine Absperrung zwischen den beiden vorderen 40-mm-Flak-Waffenwannen.

Die hintere Stirnseite vom achteren Deckshaus. Die Ketten müssen hier zur Bedienung der hinten stehenden Trossenwinden wegnehmbar sein.

In jedem Fall lasse ich die Ketten leicht durchhängen.

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