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An Deckshäusern, Geschütztürmen usw. findet man immer wieder an den Kanten Rundungen mit unterschiedlichen Radien. Diese beim Modellnachbau sauber auszuführen, erfordert einige Überlegungen. Die Modellbauer der „Sperrholzfraktion“ haben es relativ einfach. Sie kleben die Hauswände aus entsprechend dickem Sperrholz zusammen (mit allen Nachteilen: Gewicht) und feilen die Rundung mehr oder weniger genau an. Verwendet man sehr dünnes Sperrholz, muß man vorher in die Innenecke Vier- oder Dreikantleisten kleben. Das gäbe zumindest eine Gewichtsersparnis. Ich lehne für mich diese Bauweisen vollkommen ab. Der Grund: Holzflächen müssen gespachtelt und geschliffen werden (mit allen Nachteilen: auch Zeitaufwand) - sollen sie nach der Lackierung wirklich gut aussehen.
Vor vielen Jahren habe ich
Rundungen an Deckshäusern mit Gießharz gegossen. Das Verfahren sieht so aus, daß
man zuerst die beiden betreffenden (Messing-Blech-)Wände des Deckshauses (a in
Abb. 001) , welche die Ecke bilden
sollen, mit Innenspanten/Innenrahmen (b) entsprechend in Position bringt. Dabei
ist auf den richtigen Winkel und Abstand zu achten, aber auch darauf, daß die
Bleche und folglich auch die Kanten vollkommen eben sind. Bei recht langen
Rundungen soll man die beiden Blechkanten von innen her zusätzlich z.B. mit
eingeklebten oder eingelöteten Profilen (das können im einfachsten Fall hochkant
angebrachte Blechstreifen sein) aussteifen. Nur so bleiben die Bleche auch an
den Kanten richtig eben. So vorbereitet kann man außen einen vorgewölbten
Papierstreifen mit Alleskleber ankleben (B). Wenn man die Vorwölbung sauber
macht, gibt es eine gute Rundung. Diese Ecke wird in „Wannenlage“ – sagt dazu
der Schweißer – gelegt und man kann nun von innen diese Ecke mit Gießharz
ausgießen (C). Damit das Harz an den Enden nicht ausläuft, klebt man
stirnseitige Wände, ebenfalls aus Papier, stumpf an. Nach dem Härten des Harzes
kann das Rundungspapier entfernt werden (vorsichtig abschmirgeln).
Gegebenenfalls werden „Lunkerstellen“ gespachtelt und geschliffen. Hat man
sauber gearbeitet, erkennt man die Übergänge Harzecke-Blechwand nicht.
Wenn ich die schon fertigen
127-mm-Geschütztürme (Foto 002)
(Foto anklicken) für mein 1:50-Zerstörer-Modell USS CASSIN
YOUNG auf Ausstellungen zeige, wurde ich schon gefragt, wie ich die Rundungen an
den Kanten so schön sauber aus Blech gebogen habe. Meine Antwort: Gar nicht aus
Blech, das kann man so sauber nicht biegen. Ich habe sie als dünnwandige
Viertelschalen (e in Abb. 003)
gedreht/gefräst. Im Turm gibt es mehrere Spanten (d)(Paketfertigung für alle
fünf Geschütze!), welche von Abstandsbolzen (a) z.B. gegen eine Außenwand (c) in
der richtigen Position gehalten werden.
An diese gelungene Bauweise habe
ich mich neulich erinnert, als ich diverse Rundungen an den Deckshauskanten für
eben dieses Modell zu machen hatte. Die Kanten haben Radien von 3 und 9 mm.
Begonnen habe ich mit den 3-mm-Kantenrundungen. Die Abb. 004
zeigt meine druckfertige
10:1-Zeichnung, die ich bei Beginn als „Gedankenmodell“ angefertigt habe. (1)
und (2) sind die beiden rechtwinklig zueinanderstehenden, 0,4 mm dicken
Hauswände. 3 ist die später einzufügende Viertelschale mit dem Außenradius 3.
Damit die beiden Wände auf den genau richtigen Abstand kommen, werden flache
Kreuze (4) als Abstandhalter angefertigt. Weil eine größere Anzahl nötig war,
wollte ich, wie stets in solchen Fällen, ein Profil fräsen und davon die nötige
Zahl absägen. Meine erste Idee: Fräsen auf dem Teilgerät. Bei jeweils
90°-Verdrehungen werden vier Ecken so ausgefräst, daß das Kreuzprofil mit einer
„Wandstärke“ von 2,6 mm entsteht (Foto 005)
. Dabei ist wichtig, daß die
gegenüberliegenden Kanten in Flucht liegen (a-a). Erst später bin ich auf die
einfachere Art gekommen, daß dieses Kreuzprofil gleichgut im
Maschinenschraubstock aus einem Vierkantstab 10 x 10 mm gefräst werden kann (006)
. Die einzelnen Stücke habe ich 0,8 mm dick
abgesägt. Im Foto 007
sind sie
bereits entgratet (rotierende Drahtbürste). Im Foto 008
sieht man, wie jeweils zwei Kreuze oben und
unten die Wände auf Abstand halten. Weil von innen gelötet wird (100-Watt-Kolben
mit massiver Kupferspitze und Verwendung von Lötwasser), muß man mit Zinn nicht
sparen. Beim Einlöten des Kreuzes stehen beide Wände auf einer ebenen Fläche (am
besten eine Pertinax-Platte), so wie sie später auf der Decksfläche stehen. Die
außen überstehenden Teile der Kreuze werden mit etwas Überstand mit einem
Seitenschneider abgekniffen (a in Foto 009)
und dann zur Fläche bündig gefeilt (b).
Foto 010
(Foto anklicken) zeigt das hintere Stück eines
langgesteckten Deckshauses im Aufbau. Zwei von vier Rahmen(spanten) (1), welche
die beiden Längswände auf Abstand halten, sind zu sehen. Sie wurden der
absoluten Gleichförmigkeit wegen übereinanderliegend „im Paket“ gefräst. Zum
„Süll“ aus 4-mm-Sperrholz (2) gibt es 3-mm-Abstände (3), damit das Deckshaus
immer nur mit den (exakt angepaßten) Wänden auf dem Deck steht und nicht etwa
auf den Rahmen!
Zum Löten mit Säure (Lötwasser) ist Folgendes sehr zu beachten: Messing-Bauteile, welche ich außerhalb des Modells mit Säure löte, muß ich anschließend gut mit Spiritus (oder unter fließendem Wasser) spülen. Beim Löten am Modell spritzen immer winzigste Säuretröpfchen z.B. auf Holzteile und dringen in dieses Naturmaterial ein. Diese Tröpfchen richten hier über die Jahre schlimmen Schaden an, weil sie hier nicht vollständig entfernt werden können. Deshalb verzinne ich Flächen und Kanten an den Messingteilen außerhalb des Modells mit Säure. Für das Zusammenlöten am Modell (in der richtigen Lage) werden sie nur noch (nun ganz ohne Säure) auf Flußtemperatur gebracht.
Nun werden die Viertelschalen
angefertigt. Dazu habe ich reichlich lange 6-mm-Messingrohre mit 0,4 mm
Wandstärke verwendet. Von 10 x 10-mm-Ms-Stäben wurden 5 mm breite Stücke
abgestochen, sie erhielten 6H7-Bohrungen und wurden sauber entgratet (Foto
011) . Diese Stücke wurden auf einer
ebenen Keramik-(Löt)Platte auf die Enden der Rohre gelötet (Foto 012)
. So konnten diese Rohre im
Maschinenschraubstock gespannt werden (Foto 013)
. Die Vierkantstücke stehen dabei leicht
über. Deswegen kann eine Fläche (a) als Anfahrfläche für die Fräserkante
verwendet werden. Von dieser Fläche aus wird der Fräser exakt 5 mm in Richtung
Rohr weitergeschoben. Die Kante steht dann genau auf der Rohrachse. Der Fräser
muß kleiner als 5 mm sein (z.B. 4-mm-Fingerfräser), damit nun beim Fräsen die
Schraubstockbacke nicht berührt wird. Der Fräser wird herabgesenkt und etwa ein
Viertel vom Rohr über fast die gesamte Länge herausgefräst, nach einer Drehung
um 90° das Gleiche noch einmal (Foto 014)
. Dann werden die Vierkantstücke entlötet,
sie werden für weitere Viertelschalen benötigt (Foto 015)
.
Nach dem Entgraten wird die
Viertelschale auf etwas Überlänge abgeschnitten und die Länge genau zwischen die
Kreuze eingepaßt. Haben wir bei allem maßhaltig und „gratfrei“ gearbeitet,
passen die Schalen gut (Foto 016) .
Damit die Schale beim nun folgenden Heften nicht verrutschen kann und die
Übergänge bündig sind, habe ich mir eine „Innenecke“ aus Pertinax gefräst, mit
welcher ich Schale und Wände zusammenhalten kann (Foto 017)
. Der Pfeil zeigt die 45°-Richtung, in
welcher gedrückt wird. Beim etwas unscharfen Foto 018
sind die Schalenenden gegen die Kreuze
geheftet. Auch die Fotos 019
und
020
sind mir leider nur unscharf
gelungen. Sie zeigen das Heften in Abständen bzw. das Durchgängig-Löten. Wir
tragen dabei recht viel Lötzinn auf. Es wird danach mit einer Schlichtfeile und
bei Zugabe von Spiritus (!) weggefeilt. Die Deckshauskante sieht zum Schluß wie
in Foto 021
aus.
Für die gerundeten 90°-Ecken an
zwei Deckshäusern mit einem größeren Radius von 9 mm habe ich ebenfalls ein
kurzes Profilstück gefräst (Foto 022)
und davon auch 0,8 mm dicke Scheiben abgesägt (Foto 023)
. Im Foto 024
(Foto anklicken) sieht man, wie diese entgrateten Scheiben
oben und unten an die Enden der betreffenden Deckshauskanten gelötet werden;
ebenfalls auf einer ebenen Unterlage. Am Foto sieht man, daß derartige
Lötarbeiten immer bei „festgelegten“ Teilen ausgeführt werden. Dazu ist mir
jedes Mittel recht: rechtwinkelige Stahlklötze, kleine Magnete, Anschlagwinkel,
C-Klemmen, Holz-Wäscheklammern, Gummis, Klebestreifen, kleine Gewichte usw.,
auch schon ein Tropfen Sekundenkleber, weil man die Klebung mit diesem stets nur
„pappenden“ Kleber anschließend mit einem Schlag wieder trennen kann. Mit drei
weißen und einer schwarzen Linie habe ich in diesem Foto die nun einzufügende
Stirnwand des Deckshauses angedeutet.
Für die hier nötigen
Viertelschalen für die R9-Rundungen hatte ich kein derart dünnwandiges
Messingrohr mit 18 mm Außendurchmesser. Ich habe deshalb Stücke von
18-mm-Rundmessing in der Spannzange auf eine Wandstärke von 0,4 mm ausgedreht
(Foto 025) . Für die gleiche
Arbeitsweise wie bei den 3-mm-Rundungen habe ich 22-mm-Vierkantstücke
abgestochen, auf 18 mm ausgedreht und diese auch an die Enden der Rohre gelötet
(Foto 026)
. Wieder im
Maschinenschraubstock wurden diesmal vier Längsnuten durch die Rohrwand gefräst,
sodaß je zwei Viertelschalen entstanden (Foto 027)
. Auch hier war eine Fläche der beiden
ausragenden Vierkantstücke „Startpunkt“ für das Anfahren des Halbmessers der
Rohre. Im Foto 028
sehen wir links
vier bereits herausgetrennte (Metall-Laubsäge) Viertelschalen und rechts liegt
ein Reststück. Im Foto 029
ist eine
dieser Viertelschalen sauber eingepaßt, beim Foto 030
ist sie „großflächig“ festgelötet und
beim Foto 031
habe ich die Übergänge
bereits verfeilt. Es sieht nicht nur sauber und genau aus – es ist auch so.
Wegen des Bestreichungswinkels vom
Geschütz auf dem Achterdeck stehen am hinteren Ende des Deckshauses zwei Wände
schräg. Das findet man bei vielen Kampfschiffen so. Ich hatte mir vorgenommen,
die hinterste Stirnwand mit den Rundungen zu den schrägstehenden Wänden aus
einer Messingplatte zu fräsen. In dieser 28°-Schrägstellung wurde die Platte im
2-Achs-Machinenschraubstock gespannt und zuerst die Kanten so angefräst (Foto
032) , in der Einspannung auch gleich
0,4 mm hohe Stufen, an welche die Blechwände anzulöten sind (Foto 033)
. Die Rundungen wurden vorgefräst und danach
von Hand mit der Schlichtfeile gerundet. Die Platte war noch wesentlich zu dick.
Deshalb wurde sie von innen „erleichtert“, an den Enden mit einem Radius-Fräser
(Foto 034)
. Die gesamte Breite wurde
mit einem Fingerfräser auf 0,4 mm Wandstärke gebracht. Dabei wurden die
Spanneisen mehrfach umgesetzt. Mehrere Stege ließ ich stehen (Foto 035)
(Foto anklicken). Nach dem Lösen der Spanneisen hatte sich
die Platte erwartungsgemäß stark verbogen (Foto 036)
. Nach dem Geraderichten konnte ich die
exakte Höhe absägen und an das bereits vorgearbeitete Deckshaus anpassen (Foto
037)
. Im Foto 038
wird die steuerbordseitige Schrägwand,
welche hier noch Überhöhe hat, angepaßt, die eben gefräste Stirnwand steht
links. Diese Schrägwand wird hier von einem runden Magneten gegen einen
Stahlklotz gehalten. Foto 039
zeigt
das Festlöten der Schrägwand gegen die Stirnwand. Damit der Winkel in diesem
Moment stimmt, ist die Stirnwand gegen eine Winkelschablone (a) aus Sperrholz
gestützt. Mit den befeilten Lötnähten sehen die drei Wände nach Foto 040
aus und im Foto 041
(Foto anklicken) sind sie schließlich an das Deckshaus
gelötet.
Ein kleines Deckshaus, eine sog.
Hütte, als Unterbau für einen 40-mm-Zwilling, hat ebenfalls schrägstehende Wände
und alle sechs Kanten sind mit Radius 9 gerundet. Für die Kanten zu den schrägen
Wänden waren je zwei Rundungsschalen mit 64° und 26° nötig. Die Fotos 042
, 043
und 044
zeigen, wie ich in gedrehte,
dünnwandige Rohrstücke im Teilgerät entsprechende Längsstufen gefräst habe.
Dabei wurde jedes Rohr so aufgeteilt, daß gegenüberliegend (also um 180°
versetzt) jeweils eine zweite Schale entstand. Beim Foto 043 habe ich zudem den
Querschnitt einer 64°-Schale geschwärzt. Erst als die je acht Längsstufen
maßhaltig gefräst waren, habe mit einem Eckbohrstahl innen noch einen geringen
Betrag ausgedreht und damit die Trennung in zwei Schalen- und zwei Abfallstücke
vollzogen (Foto 045)
. Foto 046
zeigt die verarbeitungsfertigen
Rundungsschalen. Beim Foto 047
sind
zuerst die beiden 26°-Schalen „verbaut“ und beim Foto 048
auch die 64°-Schalen, fehlt nur noch
die hintere Stirnwand. Im Grunde hätte ich die beiden 26°-Rundungen auch nach
der Verguß-Methode von Abb. 001 machen können. Na ja, beim nächsten Modell!
Schließlich zeigt das Foto 049
(Foto anklicken) die gleiche Hütte in einem späteren Bauzustand. Die
Waffenwanne aus 0,2 mm dickem kupferkaschierten Leiterplattenmaterial ist schon
montiert. Obenauf liegt der Ring aus 0,8 mm dickem Kupferdraht, welcher als
Rohrgarnierung an die
Oberkante dieses Schanzkleides angelötet wird. Der Rundungskörper für das
maßgenaue Biegen (genau richtiger Durchmesser) dieses Rings steht rechts im
Bild. Zum Schluß zeigt das Foto 050
(Foto anklicken) das langgestreckte mittlere Deckshaus des
Zerstörer-Modells, an welchem alle Außenecken gerundet sind. Nur zur Probe habe
ich die schon fertigen Kamine und die beiden Torpedorohr-Fünflinge aufgestellt.
Jürgen Eichardt