Patrouillenboot BAD DÜBEN
patrol boat BAD DÜBEN
Meine Eltern haben seinerzeit die Fernsehserie „Schwarzwaldklinik“ nur wegen der schönen Landschaftsaufnahmen angesehen – nicht wegen der albernen
Handlung! Und es soll heute Leute geben, welche die beliebte Fernsehserie „Küstenwache“ nur deshalb ansehen, weil dabei öfters schöne Sequenzen des in
voller Fahrt in See stehenden Patrouillenboots BAD DÜBEN zu sehen sind...
Nur Insider wissen, daß die beiden typgleichen Patrouillenboote (das zweite Boot heißt NEUSTRELITZ) der Küstenwache eine interessante Vorgeschichte
haben. Ursprünglich waren sie die ersten Boote einer großangelegten, neuen Klasse von großen Raketen-Schnellbooten der ehemaligen DDR-Volksmarine,
die in größeren Stückzahlen für die Volksmarine der DDR, für die polnische Seekriegsflotte und für die Sowjetmarine gebaut werden sollten. Die
Grundkonstruktion mit der Projektbezeichnung 151 wurde in der Peene-Werft in Wolgast erarbeitet. Von der Sowjetunion wurde die
Hauptbewaffnung der Boote, ein Schiff-Schiff-Flugkörper „Switschblade“ (NATO-Code SS-N-25) entwickelt; von der Peene-Werft eine
Startanlage , bestehend aus jeweils vier röhrenförmigen und stapelbaren Lager-, Transport- und Startcontainern.
Die Boote haben Rümpfe, welche eine Zwischenform eines Verdränger- und eines Gleitbootes darstellen (vgl. Spantenriß) . Sie sind
48,90 m lang und 8,65 m breit; waren aus Stahl über 80 Rahmenspanten gebaut. Die Rumpfseitenwände wurden relativ schräg gestellt, damit
ausreichend Decksfläche für die Raketen-Startanlagen zur Verfügung stand. Vom Vorschiff bis zum schrägstehenden Spiegelheck haben die Seitenwände
etwa 1,30 m unterhalb der Kante Seite-Deck einen leichten Knick nach außen. Auch die Abrißkante am Spiegel läuft als Knick noch ein Stück nach vorn,
bevor sie in die Rundung der Kimm übergeht. Die Kante Seite-Deck ist zur Stabilitätserhöhung gerundet ausgeführt. Als Raketenboote waren drei
Hauptmaschinen - 7,5 t schwere 56-Zylinder-Stern-Reihenmotore vom sowjetischen Typ M-520 - und drei parallel liegende Propellerwellen eingebaut.
Diese insgesamt 16.200 PS gaben den Booten 35 kn Höchstfahrt.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und der Auflösung der Volksmarine wurden im Zeitraum von 1992 bis 1996 zwei Boote des Projekts 151 bei
einem Umbau an die Bedürfnisse des Bundesgrenzschutzes angepaßt und als NEUSTRELITZ (ex. SASSNITZ) und BAD DÜBEN (ex. OSTSEEBAD BINZ) in
Dienst gestellt. Nach meinen neuesten Erkenntnissen wurde dabei auch das durchgehende Deckshaus um etwa 20 cm erhöht. Das bedeutet, daß ich das
Deckshaus bei meiner Schiffsskizze vom Projekt 151 etwas zu hoch gezeichnet habe. Bei einem Modellnachbau dieses Raketenbootes sollte man das
vielleicht mit beachten. Weitere wichtige Veränderungen waren der (vorläufige) Ausbau des Mittelantriebs, eine Verlängerung des Deckshauses hinter den
Strahlabweisern nach achtern, die Vergrößerung des Fahrstandes nach vorn, Einbau einer Querstrahl-Ruderanlage im Vorschiff zur Verbesserung der
Manövrierfähigkeit, natürlich der Ausbau der Waffen und Waffen-Leitanlagen, Veränderungen der Sensoren-Technik, die Errichtung von zwei konischen
Abgasschächten, der Einbau von Bootsaussetzvorrichtungen für Speedboote, die Unterdeckkammern erhielten in den Bordwänden runde Schiffsfenster. An
der Stelle der 76-mm-Universalkanone auf der Back erhielten die Boote kurzfristig eine 40-mm-BOFORS-Einzellafette mit den zugehörigen
Munitionsspinden an Seite-Deck (wie in meiner Skizze dargestellt). Zur Steuerung dieser Waffe stand auf dem oberen Deck eine kleine, drehbare
Steuerkabine. An gleicher Stelle findet man heute ein Infrarot-Nachtsichtgerät (meine Skizze) auf einem Rundum-Podest. Auch innerhalb der Boote gab es
Änderungen in der Raumaufteilung. So ist z.B. die Kombüse aus dem hinteren Teil des Rumpfes nach oben in das Deckshaus verlegt worden .
Die Boote, auf denen 14(17) Beamte/innen Dienst tun, vermessen heute 428 BRZ. Die beiden Außen-MTU-Hauptdiesel Typ 12V595 TE90 erbringen
insgesamt 6.480 kW (7.340 PS). Das gibt den Booten heute eine Geschwindigkeit von etwa 26 kn. Später wurde wieder eine Mittelwelle mit Diesel-
Elektroantrieb für langsame Revierfahrt eingebaut. Dieser ist bei den Booten unterschiedlich: BP 22 (NEUSTRELITZ) hat hier 680 PS für 10kn und BP 23
(BAD DÜBEN) 272 PS für 6kn. BP 22 kommt durch das Küstenwachzentrum „Nordsee“ in Cuxhaven und BP 23 durch das Küstenwachzentrum „Ostsee“ in
Neustadt/Holstein (Standort Warnemünde) zum Einsatz.
Wer die BAD DÜBEN als Modell bauen möchte, kann bei mir zwei Plansätze (M 1:50 oder M 1:75) bestellen (Tel.: 0721-47040072). Der jeweilige Plansatz
enthält die hier verkleinert wiedergegebene Schiffsskizze, dazu einen zweiten Decksplan und eine CD-ROM mit 124 Detail-Farbfotos von der BAD DÜBEN.
Auf dem zweiten Decksplan sind als Neuerung die Kamerastandpunkte und Fotografier-Richtungen mit kleinen Pfeilen eingezeichnet. So bekommt man
einen sehr guten Überblick darüber, welche „Ecke“ des Schiffes jeweils fotografiert wurde. Mit etwas Eigeninitiative läßt sich so ein sehr detailliertes Modell
bauen. Mit dem Plansatz im M 1:50 (2,90 kg Modellgewicht) kommt als Besonderheit ein weiterer Spantenriß auch im M 1:33,33 und mit dem 1:75-Plan
auch ein Spantenriß im M 1:50. Ebenso kann ich bei Interesse auch die Skizze von der Raketen-Variante in der gezeichneten Größe von 1:75 ausdrucken
lassen. Ich möchte mich sehr bei Herrn Klaus Dieter Rex für die Mühe bedanken, mir das Boot BAD DÜBEN durchgehend gut zu fotografieren. Für die
wertvollen Hinweise zum Projekt 151 im Allgemeinen und zu den Grenzschutzbooten im Besonderen danke ich Herrn Olaf Pestow sehr herzlich. Er hat
übrigens in der Reihe SCHIFF Profile ein interessantes Heft über die BALCOM 10-Boote (Projekt 151) veröffentlicht ( www.unitec-medienvertrieb.de ). Die
oben erwähnten 124 Fotos können Sie auf Bildschirmgröße verkleinert (!) im Internet auf meiner Seite ansehen und gegebenenfalls herunterladen.
Jürgen Eichardt
Bildtexte:
Foto 1: Steuerbord achterliche Ansicht von NEUSTRELITZ.
Foto 2: Steuerbord-Ansicht von BAD DÜBEN, die Ausführung entspricht bis auf die Waffe auf dem Backdeck meiner Zeichnung.
Foto 3: Die Boote der deutschen Küstenwache fahren an den blauen Rümpfen die schwarz-rot-gelben Schrägstreifen. Das weiße Kreuz rechts-
unten bezeichnet die Lage vom Querstrahlruder.
Foto 4: Blick von der Brücke über das Vorschiff eines der beiden Boote, hier noch mit 40-mm-BOFORS. Der gefährliche Schwenkbereich vom
Rohrende der Waffe wird auf Deck immer mit einem roten Ring markiert.
Foto 5: Interessant an diesem Foto ist die Steuerkabine für die 40-mm-Waffe. Es ist eine umbaute Richtsäule OGR7. Hinten sieht man den
Vierbein-Gittermast – eine Alu-Rohr-Schweißkonstruktion – und dahinter die beiden Abgasschächte.
Foto 6: Brückenfahrstand. Bei diesen modernen Schiffen vermißt man natürlich ein herkömmliches Steuerrad. Gesteuert wird mit einem kleinen
Joystick.
Foto 7: Blick in einen der sauberen Maschinenräume. Die Maschine links ist ein kleiner Diesel-Generator-Satz.
Foto 8: Ansicht der Abgaskamine von hinten.
Foto 9: Rückwand des langen (Alu-)Deckshauses. Die gezurrten Bretter in der Mitte sind Leckwehrbretter.
Foto 10: Blick von hinten in die Steuerbord-Brückennock, eines der Detailfotos aus der genannten 124er-Serie.
Foto 11: In Bildmitte das Infrarot-Nachtsichtgerät, weiter hinten der Mast mit einer Vorauskonsole für einen Radar-Drehbalken.