Schwedisches Küstenpanzerschiff DROTTNING VICTORIA

swedish coastal armored ship

„Wenn du den Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor“ war lange Zeit die Maxime der bewaffneten Neutralität Schwedens. Die Geschichte der relativ kleinen schwedischen Marine ist ereignisreich. Das goldene Zeitalter der schwedischen Marine war das 17. Jahrhundert. Zu dieser Zeit beherrschte das schwedische Königreich fast die gesamte Ostsee. Im 18. Jahrhundert gewann die stetig stärker werdende russische Marine die Vormachtstellung im Ostseeraum; Schweden verlor zudem die Kontrolle über Finnland. Die Option war, daß man sich wie z.B. auch die Schweiz und Spanien im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern von jeglichen Militärbündnissen fernhielt. Ein Garant für Sicherheit ist Neutralität allein jedoch nicht. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Schweden Einheiten der Küstenverteidigung und eine Hauptflotte. Minenleger sollten die engen Wasserwege der Ostsee mit Minensperren schützen.

Große Panzer- bzw. Schlachtschiffe hatte Schweden nie. Schweden baute von 1928 bis 1950 zwölf Küstenpanzerschiffe in verschiedenen Klassen; als letzte Gruppe, die Schiffe der SVERIGE-Klasse, ab Baubeginn 1915 (SVERIGE = Schweden), DROTTNING VICTORIA (Königin Victoria) (kleine Fotos anklicken) und GUSTAF V). Die beiden letzten wurden erst 1957 endgültig fertig. Bei ihrer Konstruktion sah man Russland (später Sowjetunion) als Hauptgegner in der Ostsee. Die vergleichbaren Geschütze sollten auf stabilen Plattformen installiert sein, die auch bei schwierigen Wettern eingesetzt werden können und die Geschwindigkeiten sollten überlegen sein. Die Panzerung soll über die gesamte Länge der Wasserlinie reichen und stark genug sein, um einen Angriff auf ausländische Kampfschiffe zu erlauben. Die Rümpfe sind in ein diverses Zellensystem unterteilt mit teils dreifachen Boden.

Als Hauptkaliber sah man vier 283-mm-L/45-Kanonen M/12 in zwei Doppeltürmen vor (je Turm 413 t, Vo 860 m/sek., Projektil-Gewicht 305 kg, Schußweite 19,6 km (ab 1930er-Jahre 25 km!)). Die Mittelartillerie bestand ursprünglich aus acht 152-mm-L/50-Kanonen; sechs in Einzeltürmen auf den Seitengängen und ein erhöhter Zwillingsturm vorn (Vo 850 m/sek., Schußweite 16 km). Daneben div. Fla-Waffenstände: acht 75-mm-Kanonen und zwei 6,5-mm-Mg. Ebenfalls zwei 457-mm-Torpedorohre sah man vor (Seiten-Überwasserlage, 1926/27 entfernt). Die Ösen am Vorstaven-Kiel für die Leinen vom Minen-Bugschutzgerät sieht man in meiner Skizze in Höhe von Spant 37. Da man die Küstenpanzer auch als Eisbrecher einsetzen wollte, erhielten sie einen entsprechend geformten Vorsteven. Der Schwung der Linie Seite-Deck geht eigentlich bis hoch zur Bugspitze. Ich habe im Spantenriß diese Linie mit (a) bezeichnet. Man hat dem Rumpf aber ein zur KWL vollkommen paralleles „Backdeck“ aufgesetzt. 1934/35 wurden die beiden mittleren 152-mm-Einzeltürme entfernt und durch Waffenwannen mit 40-mm-Zwillingen ersetzt, wie auch auf die vorderen 152-m-Türme 40-mm-Single-Kanonen aufgesetzt bekamen. Hinten stehen erhöht vier Flak-Zwillinge diagonal versetzt.

Die Seitenpanzer waren 200 und die Deckpanzer max. 70 mm dick; Geschütztürme 100 bis 200 mm und der Kommandoturm 60 bis 175 mm. Ursprünglich trieben zwei Curtis-Turbinen (je 20.000 PS) gespeist von zwölf Yarrow-Kesseln vier kleinere Propeller (430 U/min). Durch Änderungen bei Turbinen (Westingshouse-Räderturbinen) und Getrieben hatten die Schiffe später nur noch zwei Propeller (25.400 Wellen-PS, 200 U/min). DROTTNING VICTORIA erreichte 23,2 kn Höchstfahrt. Die Fahrstrecke betrug mit 360 t Kohle- und 273 t Öl- Vorrat 3.280 sm bei 14 kn. Die drei Schiffe erhielten mehrere Modernisierungen: Änderungen bei den Kaminen, Entfernung der hohen Masten, Aufstellung eines Dreibein-Mastes, Radargeräte. Besatzung 427 Mann (als Flaggschiff 443). Die Schiffe wurden 1953 bzw. 1957 verschrottet.

Jürgen Eichardt

Planungstabelle:

 

Original

1:350

1:250

1:150

1:100

1:75

Länge ü.a.

121,60 m

347,4 mm

486,4 mm

810,7 mm

1.216 mm

1.621 mm

Breite (nur Rumpf)

18,00 m

51,4 mm

72 mm

120 mm

180 mm

240 mm

Breite (Waffenwannen)

18,80 m

53,7 mm

75,2 mm

125 mm

188 mm

251 mm

Tiefgang

6,00 m

17,1 mm

24 mm

40 mm

60 mm

80 mm

Gesamthöhe

39,80 m

113,7 mm

159 mm

265 mm

398 mm

531 mm

Verdrängung

7.633 ts

/

(0,49 kg)

2,26 kg

7,63 kg

18,1 kg

Propeller-Ø

3,60 m

10,3 mm

14,4 mm

24 mm

36 mm

48 mm

alle 1:350-Generalplan-Maße

X 1,4

X 2,33

X 3,5

X 4,66

Spantenriß 1:150

X 0,428

X 0,6

/

X 1,5

X 2

Literatur:

-       Gustaf von Hofsten/Jan Waernberg, „Örlogsfartyg“, Svenskt Militärhistoriskt Bibliotek, 2003, ISBN 91-973187-3-6

-       Robert Gardiner, „The Eclipse of the BIG GUN“, Conway Maritime Press, 1992, ISBN 0-85177-566-7

Bildtexte: (alle Fotos: Sammlung Eichardt)

Abb. 001: DROTTNING VICTORIA noch mit hinterem Mast und alle sechs 152-mm-Singel-Kanonen.

Abb. 002: SVERIGE mit nach hinten gebogenen, vorderen Kamin. Die weißen Streifen am Rumpf trugen alle schwedischen Kampfschiffe während des WWII. Die langen Bb.-Barkunen sind zu sehen, doch nicht das zugehörige Beiboot. Dazwischen eine Waffenwanne in Deckshöhe.

Abb. 003: Meine Skizze von SVERIGE mit noch vier Propellern, Bestreichungswinkel der Kanonen.

Abb. 004: DROTTNING VICTORIA in “Kriegsbemalung”, am Heck offenbar eine weitere Flak.

Abb. 005: Bei GUSTAF V wurden beide Kamine zu einem Rauchabzug zusammengefaßt. Beim Kampfeinsatz sind die hintersten Beiboote von Bord gegeben und die Davits auf Deck gelegt.

Abb. 006: Original-Linienriß der Klasse.


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