Segelschulschiff

GORCH FOCK der Deutschen Marine

(im Aussehen von 2008)

Sail training ship GORCH FOCK of the Deutsche Marine

Planausschnitt / plan section

Decklayout der GORCH FOCK / deck layout

GORCH FOCK bei der Kieler Woche 2008/ GORCH FOCK at the Kiel Week 2008

Besten Dank an Herrn Volker Gries für das Klasse-Foto. ( www.tallship-fan.de )

Bei www.hassemodell.de in Hamburg erhalten Sie für € 230,00 einen GfK-Rumpf im M 1:50 für die GORCH FOCK!

Bei www.steinhagen-modelltechnik.de können Sie einen 1:50-GfK-Rumpf für den Modellnachbau der GORCH FOCK kaufen (Preis: ?).

Beispiele von der Foto-CD-ROM siehe hier.

Der 1:100-Plan ohne herausgezeichnete Details zeigt die GORCH FOCK, wie ich sie zur "Kieler Woche 2008" (ohne Menschenandrang vor "open ship") fotografieren konnte. Also nach diversen Umbauten (!) in ihrer nun über 50-jährigen Geschichte. Das Modell wird im M 1:100 über den Biegspriet 893 mm lang, Rumpfbreite 120 mm, Unterrah-Länge 240 mm und sollte nicht mehr als 2,00 kg wiegen, damit es korrekt bis zur KWL eintaucht. Mit dem Plan kommt eine Foto-CD-ROM mit allen 317 Fotos. Die CD-ROM ist im Preis enthalten.

The 1:100-drawings shows the GORCH FOCK, as it looks today - after numerous conversion, after 50 years. The model has an overall length of 893 mm and an hull-width of 120 mm. The model-weighs 2,00 kg. With the plan to buy a photo-CD-ROM. This is included in the price.

Segelschulschiff GORCH FOCK

Über kein anderes populäres deutsches Schiff gibt es so viele Buchveröffentlichungen wie über das Segelschulschiff GORCH FOCK (II) der Bundesmarine. Von all diesen habe ich nur zwei in meiner privaten Sammlung, weil darin einige Zeichnungen enthalten sind: Im Buch von Titzck/Hinrichsen (1) finden wir verkleinerte Werftpläne (Vorsicht stets bei Werftplänen, so wurde das betreffende Schiff u.U. nie gebaut!), einen kleinen Segelriß und auf dem vorderen Vorsatz eine farbige Grafik vom Schiff. Beim Buch von Gerhard Koop (2) hat der Zeichner Klaus-Peter Schmolke einige „werftplanähnliche“ Zeichnungen angefertigt, die den Leser (das sind oft Schiffsmodellbauer!) in die Lage versetzen sollen, ein Modell der GORCH FOCK zu bauen. Alle diese Zeichnungen zeigen das Schulschiff, wie es in frühen Bauzuständen ausgesehen hat.

Ich hatte Gelegenheit, die GORCH FOCK in den Tagen vor der Eröffnung der „Kieler Woche 2008“ an ihrem Liegeplatz im Marinestützpunkt Kiel in über 300 Fotos gründlich zu fotografieren. Die gesamte Besatzung war an jenem Tag mit Farbewaschen, Pönen und Messingputzen damit beschäftigt, das Schiff für die Feierlichkeiten am kommenden Wochenende zum 50. Jahrestag der Indienststellung „landfein“ zu machen. Die GORCH FOCK genießt als wunderschöne Bark bei diversen Segler-Veranstaltungen und durch den Umstand, daß sich auch auf ihr Tausende junge Leute erste Kenntnisse in der Seemannschaft erworben haben, höchste Popularität. Jeder erinnert sich an die Abbildung auf der Rückseite des 10-DM-Scheins…

Ich möchte in meinem Beitrag nicht auf die reiche Geschichte dieses Schiffs der Bundesmarine eingehen. Das haben andere Autoren an anderer Stelle schon sehr ausführlich getan. Vielmehr möchte ich die wichtigsten Dinge der Technik und der Takelage dieses Rahseglers kurz erklären. Bei meinen Zeichnungen habe ich versucht, in Anlehnung an die erwähnten Bücher und einen weiteren, liederlich gezeichneten „Modellplan“ und durch Auswertung meiner Fotos den Bauzustand darzustellen, wie das Schiff heute nach zahlreichen Umbauten aussieht. Die Zeichnungen in der Originalgröße (M 1:100 auf meinem Reißbrett entworfen), der vorhandene Spantenriß und die 300 Fotos, die bei mir als Fotoserie auf CD-ROM erhältlich sind, befähigen einen durchschnittlich begabten Modellbauer mit etwas Eigeninitiative ein Modell der GORCH FOCK im Aussehen von 2008 zu bauen. Weil ich oft danach gefragt werde: Ja, Sie können mit der CD-ROM in jeden modernen Fotoshop (besser: Fotoladen) gehen und sich von den Bildern (nach Ansicht auf einem Bildschirm) wie üblich Papierabzüge herstellen lassen – ganz ohne eigenen Computer! Zum Verständnis der Takelagen der modernen Großsegler empfehle ich Ihnen das Studium zweier wichtiger Bücher: Der so genannte „Middendorf“ (3) ist heute sicherlich nur noch antiquarisch zu bekommen. Eine gute Webadresse dafür ist: www.zvab.com. Mein eigenes Buch (4) bekommen Sie aktuell beim SIMONFREY-Verlag. Auch das Buch von Frau Haack-Vörsmann (5) (oft am Beispiel der russischen Viermastbark SEDOV) und das ins Deutsche übersetzte dänische Buch (6) erklären sehr gut die Arbeit auf und das Segeln mit Großseglern.

Die GORCH FOCK (II) wurde 1958 innerhalb von etwa 10 Monaten bei Blohm + Voss in Hamburg im Stile der letzen frachttragenden Großsegler um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert gebaut und am 17. Dezember in Dienst gestellt. Die Baukosten betrugen damals 8.500.000,00 DM. Der Bau war damals sehr umstritten; stand man doch noch ganz unter dem Eindruck des Untergangs der PAMIR 1957. Der über 2000 t verdrängende Neubau ist 70,20 m in der KWL und über das Bugspriet 89,32 m lang. Die größte Rumpfbreite beträgt 12,02 m. Der Schulschiff-Rumpf hat einen stärker aufgekimmten Rumpfboden als vergleichbare Frachtsegler. Die Bordwände sind nach oben leicht eingezogen. Der Rumpf ist in zehn wasserdichte Abteilungen geteilt. Die Backleiste ist am Bug gerundet ausgeführt. Darunter ist der Vorsteven nach vorn weit ausgezogen. Daran hängt nach unten die vergoldete Galionsfigur: ein stilisierter Albatros. Die Figur, die z. Z. am Bug hängt, ist übrigens schon die sechste und aus Kohlefasermaterial gemacht. Der Kiel hat keinen Fall mehr. Der neue Hilfsantrieb – 1991 installiert – hat einen 1.690-PS-Dieselmotor Typ „SB V6M 628“ ein neues Getriebe und einen dreiflunkigen Verstellpropeller (Durchmesser 2,50 m, 500 U/min), dessen Flunken in Segelstellung gedreht werden können. Der Fahrmotor ermöglicht mit der Bunkerkapazität von 55 m³ Dieselöl bei 10 kn die Reichweite von 1.100 sm. Drei Dieselgeneratoren von je 150 kW Leistung versorgen heute das Bordnetz mit Strom. Der Fahrmotor steht unterhalb des Kamins im Hauptmaschinenraum; die Generatoren in der Abteilung davor nebeneinander. Das rechteckige Ruder wird unten von einer Kielverlängerung – der Ruderhacke – gehalten. Gemäß der Konzeption des Schiffes als Schulschiff gibt es an Deck keine motorischen Antriebe für Winden usw. Alles muß von der Besatzung in Alle-Mann-Manövern von Hand bewegt werden. Die verlängerte Back reicht fast bis zur Schiffsmitte. Hinter den beiden Ankerspillköpfen, welche nur Kettennüsse zur Ziehen der Ankerketten haben, steht mittschiffs ein Verholspill. Dieses wird von zehn Spillspaken angetrieben (je drei Mann). Die Kraft dieses Spills kann mittels unter Deck liegenden Wellen auf die Achsen der Ankerwinden geschaltet werden. In der Vergangenheit fuhr das Schiff an Backbord einen Stockanker. Zum Aufnehmen dieses Ankers stand vor den Kettenfallrohren ein Pfosten mit einem Kran. Heute ist an jeder Bugseite je ein Patentanker und vom Ankerkran steht nur noch der Pfosten – als Halterung für eine Schiffsglocke. Seitlich neben den Ankerspillköpfen sehen wir die Deckbeschläge zur Umlenkung der Vorsegelschoten. Deren holende Parten werden an kurzen Nagelbänken an den Laternenhäuschen belegt. Die Laternenhäuschen tragen keine Seitenlaternen mehr. Die Seitenlaternen sind an kleineren Lichtbrettern vor den Laternenhäuschen befestigt.

Das Achterschiff hat eine lange Poop. Darauf stehen hinter dem Besanmast ein kleines Deckhaus für die Schiffsführung und dahinter ein weiterer Verhol-Spillkopf. Die Rudermaschine mit nur einem, nach vorn angebautem Steuerrad steht auf dem (Poop-)Deck unter einem Holzverdeck. Dieses hat seitliche Sitzbänke. Unter Deck ist die Rudermaschine mit einer Wellenleitung mit einem Ruderstand vor dem Besanmast verbunden, welcher drei Steuerräder hat. Je nach Situation können die Steuerräder zu- oder abgeschaltet werden. Von den Bootsdavits auf dem Poopdeck sind heute nur noch die beiden Füße der hinteren vorhanden – als Träger einer Stehtheke. Starre Beiboote fährt die GORCH FOCK heute nicht mehr. Es sind nur zwei Speedboote an Bord, welche von Drehkränen bedient werden. Als Rettungsmittel fährt das Schiff insgesamt sechzehn aufblasbare Rettungsinseln auf Abrolllagern. Die beiden Treppen zum Backdeck saßen früher weiter vorn und jene zur Poop ein Stück weiter hinten. Der Kamin-Unterbau erhielt eine voluminöse Kappe mit Schrägkanten und hat heute einen im Querschnitt ovalen Kamin als Abgasleitung für den Fahrmotor. Damit beim Wendemanöver das Unterliek vom Besanstagsegel gut über diesen Kamin kommt, hat er oben Bügelabweiser.

Meine Zeichnungen habe ich in der für Segelschiffe üblichen Art angelegt. In der Seitenansicht sind dabei die Rahen bis in die Bildebene herumgebraßt. Das kann man weder beim Original noch beim Modell so machen. Doch nur so erscheinen die Rahen in der tatsächlichen Länge und der Schnitt der Rahsegel in der richtigen Form. Außerdem werden die Rahen rechtwinklig zum Fall der Masten (er ist jeweils unterschiedlich!) eingezeichnet, damit sich keine verzerrten Segelschnitte ergeben. Die Lieks der Segel, Stage und wichtige Taue, von anderen Segeln verdeckt, werden gestrichelt dargestellt. Bei der Deckansicht sind die Masten in Deckhöhe abgeschnitten und erscheinen nur als schraffierte Kreise. Von den Wanten und Pardunen sieht man nur die unteren Stücke (ohne Spannschrauben und Webleinen). Ihre Richtungen stimmen aber so, als würden sie tatsächlich zu den Festpunkten an den Masttoppen und Stengen fahren. Die Öffnungen in den Schanzkleid-Nagelbänken, durch welche die Wanten und Pardunen von Fock- und Großmast lose fahren, haben hier die Form von Schlüssellöchern. Die Seilführungen der sechs Braß- und Halsbäume sind nur angedeutet. Bei meinem 1:100-Decksplan habe ich mir die Mühe gemacht und die Deckplanken von 1,2 mm Breite (12 cm Original-Plankenbreite) mit ihren Leibhölzern und den entsprechenden Fischungen eingezeichnet. Wie man ein so genanntes „gebautes“ Deck in der Modellbaupraxis herstellt, habe ich in meiner Broschüre „Rumpfbaupraxis“ (VTH-Best.-Nr. 3120028) ausführlich beschrieben. Beim M 1:100 kann man durchaus auch die Einfach-Variante aus mit Tusche(füller) aufgezeichneten Plankenstößen ausführen (die eben erwähnte Broschüre!).

Die Fock- und Groß-Untermasten reichen in einem Stück jeweils bis zum Eselshaupt etwa in der Mitte des Bramsegels. Dort sind vorn die Stengen angesetzt. Die Marssegel sind in Unter- und Obermarssegel geteilt. Wobei die Rahen der Obermarssegel mit ihren Racken zur Gewichtsreduzierung (Schiffsstabilität!) an T-Schienen an den Vorderkanten der Masten nach unten gefiert werden können. Auch die Bram- und Royalrahen werden bei nicht gesetzten Segeln nach unten gelassen. Nur die beiden untersten, mit 24 m längsten Rahen werden mit Toppnanten beim Segeln waagerecht eingestellt. Der Wind soll waagerecht am Segel vorbeistreichen. Die oberen vier Rahsegel stellen sich durch den Zug der Schoten bzw. der Außenlieks (das sind ja auch Stahlseile!) dabei mit waagerecht ein. Die drei oberen Rahen hängen im weggefierten Zustand in längenunveränderlichen „Toppnanten“, die bei gesetzten Segeln natürlich lose durchhängen – manchmal vor, manchmal hinter dem Segel. Die Führung der Gordinge ist nicht immer gleich, es gibt dafür keine Regeln, sie kann von Zeit zu Zeit wechseln.

Fock- und Großstag tragen keine Stagsegel. Dagegen wird am Besanstag ein Segel gesetzt. Das Besansegel wäre mit weit über 150 m² zu groß. Deshalb hat man es mit einer weiteren Gaffel in Ober- und Unterbesan geteilt. Die Oberlieke sind mit diversen Rutschern an T-Schienen der Gaffeln fest. Das Unterliek wird lose gefahren. Die Schothörner werden nur mit den Ausholern zu den Nocken der Untergaffel bzw. des Besanbaums gezogen. Jeweils zwei Dempgordinge ziehen die Besansegel beim Aufgeien gegen den Besanmast. Beide Gaffeln werden von Gaffeldirken, die etwa in der Mitte der Gaffellängen ansetzen, in Schräglage gehalten. Zusätzlich sind vom Topp der Besanstenge bis hinunter zur Nock des Besanbaums drei feste Stropps geschäkelt.

Der Vormast ist ein so genanntes Hornbugspriet. Zum Vorsteven ist er mit Wasser- und dem dünneren Stampfstag verstagt. Am Wasserstagband ragt nach unten der kurze Stampfstock. Dieser gibt dem Bugspriet die nötige Steifheit. Vier Bugstage fahren von den drei Bugsprietbändern nach den Bordwänden und geben so Seitenstabilität. Der (auch) seitliche Zug der Vorsegel würde sonst diesen Vormast verbiegen.

Bei Herrn Volker Gries (www.tallship-fan.de) möchte ich mich für die großartigen Fotos bedanken, die er mir zur Verfügung gestellt hat.

                                                                                                                               Jürgen Eichardt

Weiterführende Literatur:

 (1)        „Segelschulschiff GORCH FOCK“, Rudolf Titzck/Nickels Peter Hinrichsen, Weltbild Verlag 1991, ISBN 3-89350-049-9

(2)        „Die deutschen Segelschulschiffe“, Gerhard Koop, Bernard & Graefe Verlag 1989, ISBN 3-7637-5860-7

(3)        „Bemastung und Takelung der Schiffe“, Friedrich Ludwig Middendorf, Horst Hamecher Kassel 1977, Reprint des Originals von 1903

(4)        „Segelschulschiff GREIF“, Jürgen Eichardt, SIMONFREY-Verlag 2007, ISBN 978-3-938494-05-5 (Verlagsbetrieb eingestellt, voraussichtlich wird das Buch ein anderer Verlag weiter vertreiben.)

(5)        „Seemannschaft für Großsegler“, Lore Haack-Vörsmann, Pietsch Verlag 1992, ISBN 3-613-50166-X

(6)        „Handbuch der praktischen Seemannschaft auf traditionellen Segelschiffen“, Jens Kusk Jensen, HEEL palstek Verlag 1982, Reprint des dänischen Originals von 1924, ISBN 3-89365-722-3

zurück/back  |  home