Konischer Mast - gedreht

Vor allem bei einem Fahrmodell ist es besonders wichtig, die hochliegenden Bauteile aus sehr leichten Werkstoffen herzustellen und zur weiteren Gewichtsersparnis auch zusätzlich hohl zu gestalten. Nur so kann, wie übrigens auch beim Originalschiff, eine stabile Schwimmlage erreicht werden. Beachtet der Modellbauer diese Grundregel nicht bei allen (!) Teilen, so kann es zu Stabilitätsproblemen bis hin zum Kentern des Modells kommen. Dies hat auch relativ wenig mit der Form des Rumpfes zu tun. Auch ein Schiffsmodell mit schlankem und rankem Rumpf kann man „seegangsstabil“ bauen – selbstverständlich mit etwas mehr Arbeitsaufwand.

Bei den Teilen für mein 1:50-Vitrinenmodell vom Zerstörer USS CASSIN YOUNG von 1943 spielt das Gewicht eigentlich keine Rolle, weil dieses Modell nie ins Wasser kommt, es würde dort sofort umkippen. Dennoch habe ich dessen Mast, es war zu der Zeit ein sog. Pfahlmast, aus Messing und hohl gedreht. Ich möchte diesen Rohbau ohne die zahlreichen Details daran ausführlich schildern, damit andere Modellbauer diese Herstellungsweise für ähnliche Fälle übernehmen können. Der Mast dieses FLETCHER-Modells besteht im Grunde aus zwei Teilen, ein unteres, vollkommen zylindrisches Teilstück sowie ein oberes konisches Stück. Das untere Stück hat einen Außendurchmesser von 10 mm, das sind 500 mm beim Original, und ist 158 mm lang (7,90 m). Das obere Stück verjüngt sich bis zur Mastspitze auf 3,6 mm und hat dabei eine Länge von 260 mm (13,00 m). Von vornherein stand für mich fest, daß ich das untere Teilstück getrennt als ein Teil herstelle und den konischen Teil aus drei Einzelstücken. Nach der Fertigstellung sollten die Stöße nicht zu erkennen sein.

Begonnen habe ich mit der Herstellung des unteren, zylindrischen Teils (4 in Foto 1) . (Die Einzelteile des Mastes habe ich zum Fotografieren auf die (spärliche) Zeichnungsunterlage vom Mast gelegt.) Es wurde aus einem massiven 10-mm-Rundmessing-Abschnitt gedreht, also nicht aus einem Messingrohr. Von beiden Enden her wurde dieses Teil nach dem Plandrehen auf Länge zuerst mit 8 mm ganz durchbohrt. Erst danach habe ich für das Aufstecken des folgenden Rohrstücks den 9-mm-Absatz (c) 20 mm lang angedreht. Wenn dieser Absatz zu kurz gemacht wird oder die Passung zum nächsten Teil zu „klapperig“, wird der Mast am Ende nicht schön gerade entstehen. Wegen der höheren Rundlauf-Genauigkeit drehe ich solche Teile immer in der Spannzange. Hier möchte ich als mögliche Alternative eine ausgedrehte Klemmbuchse als Spannzangen-Ersatz erwähnen. Den Absatz (c) zu (e) läßt man vollkommen scharfkantig.

Das etwas längere konische Stück hatte ich in drei Einzelteile zerlegt. Das hat vor allem den Grund, daß ich so jedes Stück möglichst groß leerbohren kann. Würde man es in noch mehr Teile zerlegen, wäre dieser Effekt noch stärker und somit die Gewichtseinsparung größer. Die Herstellung des Kegels ist ein klassisches Beispiel für „gestuftes Kegeldrehen“, wie ich es bereits in meinem Buch (1) auf der Seite 181 erklärt hatte und bei dem man den Obersupport nicht mühselig auf einen sehr langgestreckten Kegel einrichten muß. Der Kegel entsteht dabei aus einer Anzahl einzelner, zylindrischer (!) Absätze von nur 0,1 mm Durchmesser-Differenz, die anschließend mit einem Dreikantschaber von Hand zu einem langgestreckten Konus „verdrechselt“ werden. Wer unsicher in der Handhabung eines Dreikantschabers ist, kann die Stufen mit einer breiten Schlichtfeile auch wegfeilen. Im Falle unseres konischen Maststücks haben wir 64 Einzelzylinder (Ø 3,6; Ø 3,7; Ø 3,8 usw. bis zum Ø 10,0). Es gilt nun die Länge dieser Einzelzylinder zu errechnen. Hierbei wird die Gesamt-Kegellänge (260 mm) durch 64 geteilt. 260 : 64 = 4,0625 mm, sagt uns der Taschenrechner. Diesen Wert auf 4 mm zu runden, ist nicht falsch. Wir würden also insgesamt 64 Absätze/Stufen von 4 mm Länge drehen, um den Mastkegel zu erhalten.

In der Praxis beginne ich dies mit dem obersten, dünnsten Kegel (Foto 2) . (Das Materialstück wird Stück für Stück aus der Spannzange herausgezogen.) Zuerst hatte ich vorn eine Bohrung Ø 2,9 so tief wie möglich gebohrt. Gegebenenfalls verwendet man einen sogenannten überlangen Wendelbohrer. Dies ergibt bei einem Außendurchmesser von 3,6 mm eine Wandstärke an der Mastspitze von 0,35 mm, dünn genug! Danach beginnt das Drehen der Einzelzylinder auf je 4 mm Länge bei je 0,1 mm Durchmesser-Vergrößerung. Man kann vernünftigerweise nur etwa sechs Stufen andrehen, weil man das Materialstück nicht allzu weit aus der Zange ragen lassen kann. Beim Zustellen der Durchmesser-Werte mit dem Quersupport muß man den stets vorhandenen „Toten Gang“ der Support-Spindel „einrechnen“. Am besten ist es, man zieht den nicht zu lose fahrenden Quersupport-Schlitten von Stufe zu Stufe um 0,1 mm (0,05 mm Schlittenfahrt) nach außen. Sind diese sechs Stufen angedreht, wir sind dann bereits beim Ø 4,1, wird das Materialstück um einen weiteren Betrag von etwa 30 mm aus der Zange herausgezogen. Gleiches kann man bei einer Spannung im Backenfutter tun. Nur sollte man dabei darauf achten, daß man das Werkstück beim Herausziehen möglichst nicht verdreht. Im Foto 2 sind auf diese Weise die ersten 19 „Stufen“ angedreht. Diese werden anschließend mit einem scharfgeschliffenen Dreikantschaber (umgeschliffene Dreikant-Nadelfeile; mein Buch (2) Seiten 66/67) soweit überarbeitet, daß man von den Stufen nichts mehr erkennt. Im Foto 3 (Die Kante vom konischen Teil zum Zapfen bleibt scharfkantig.) ist das ganz rechts zusehen. In der Mitte vom Foto 3 sieht man, wie ich mit einem relativ kurz angeschliffenen Stech-Drehstahl einen zylindrischen Zapfen an das untere Ende dieses Maststücks andrehe. Dieser Zapfen wird zur (Rundlauf-)Zentrierung in das nächste Maststück eingesteckt. Auch dieser sollte nicht zu kurz sein (a im Foto 1). Dann wird abgestochen.

Nun muß dieses Teilstück auch von unten her leergebohrt werden. Dazu drehe ich eine zylindrische und dünnwandige Buchse (5 im Foto 1). Sie wird für das Spannen im Dreibackenfutter auf den Zapfen (a) gesteckt und das Futter leicht angezogen. So kann von dieser Seite her aufgebohrt werden, und zwar im Durchmesser 0,7 bis 1 mm geringer als der Zapfen (a). Wichtig ist die Ermittlung der Bohrtiefe von dieser Seite. Es darf nur so tief gebohrt werden, daß stets noch eine Wandstärke von 0,3 bis 0,5 mm verbleibt. Am Außendurchmesser vom Konus kann man die Längenlage dieser Stelle ermitteln.

Im Foto 4 (Die sehr geringen Durchmesser-Unterschiede sind zu sehen.) ist der Übergang vom obersten Konusrohr zum eben begonnenen mittleren Rohrstück (2 im Foto 1) zu sehen. Dieses erhielt oben möglichst tief eine Bohrung, in welche der Zapfen (a) aus Foto 1 paßt. Das obere Rohrstück (a vom Foto 4) ist mit dem Zapfen noch nicht vollkommen eingesteckt, daher der schmale Spalt (c). Das stärkste Teilstück von (a) hatte einen Durchmesser von 5,8 mm. Daher beginnt das mittlere Konusstück mit dem Durchmesser 5,9. Acht weitere Stufen wurden bereits angedreht. Die weitere Arbeitsweise gleicht dem obersten Konus. Auch hier Einstechen eines Zapfens (b im Foto 1) und Drehen einer Buchse 6 (Foto 1), damit auch dieses Stück von unten her dünnwandig leergebohrt werden kann.

Danach folgte das Drehen des unteren Konusstücks (3 in Foto 1) in gleicher Weise. Vor dem Abstechen auf Länge habe ich die drei Teile probeweise zusammengesteckt (Foto 5) . (Bei den ER-Druck-Spannzangen muß der Spannzapfen (hier das Restmaterialstück in der Zange) für einen exakten Rundlauf immer so lang wie die gesamte Zange sein!) Schon hier sieht man keine Übergänge zwischen den drei Teilen. Die Durchgangsbohrung vom Teil 3 (Foto) hat einen solchen Durchmesser, daß der Zapfen (b) aus Foto 1 spielfrei hinein paßt und unten erhält das Teil eine Ausdrehung, welche auf den Zapfen (c) vom Foto 1 paßt. Sie muß wenigstens 1 mm länger als dieser Zapfen sein. Die beiden Buchsen (5) und (6) werden anschließend nicht mehr benötigt. Beim Foto 6 (Löten mit Propangas-Brenner und Lötwasser (Lötsäure)!) liegen die Teile zusammengesteckt auf einer Keramik-Platte und werden zusammengelötet. Danach wurden die Lötstellen nur noch einmal leicht überschmirgelt.

Ich möchte hier noch kurz auf den Weiterbau eingehen. Der Mast wird am oberen Ende des zylindrischen Stücks von einer Konsole am oberen Deckshaus in Richtung gehalten (Foto 7) . (Der Detailbau am obersten Deckshaus ist schon weit fortgeschritten.) Unten hat er in Höhe der Decksdurchführung eine Doppelung, bei den Segelschiffen war das der Mastkragen (Buchse 7 im Foto 1). Und diese Decksdurchführung geht beim Original durch einen auf dem Deck aufgeschweißten Verstärkungsring (8 im Foto 1). Im Foto 7 sieht man diese Teile unten im Fertigzustand und beim Foto 8 (Die Buchse steht nur dann in der richtigen Schräglage, wenn der Mast beim Einkleben eingesteckt war.) ohne den Mast. An der richtigen Stelle habe ich mit einem Zahnarztfräser eine flache Vertiefung vom Durchmesser der Decksdurchführung in das Sperrholzdeck gefräst (Foto 9) . (Der Mast kann nicht in den Rumpf hineinrutschen, er steht auf einem Sperrholzspant auf.) Sie muß nicht 100%ig rund sein, die runde Buchse muß nur lose einzustecken sein. Danach habe ich den Mast, er steht leicht nach hinten geneigt, mit der Decksdurchführung und dem Ring eingesteckt und zuerst den Ring mit Sekundenkleber (winzige Tropfen angetragen mit einem 0,3-mm-Drahtstück) gegen das Deck verklebt (Foto 10) , (Der Mastfuß, hier noch ohne Klebstoff.) dann auch die Decksdurchführung gegen den Ring – mit 2-K-Kleber (Foto 11) . (Nach dem Farbespritzen erkennt man die Sekundenkleber-Naht als Schweißnaht.) Dabei habe ich darauf geachtet, daß ich den Mast noch jederzeit herausziehen kann. Für den weiteren Detailbau am Mast ist dies dringend nötig, denn dazu möchte ich den Mast immer wieder vom Rumpf/Aufbauten lösen können.

Der Mast trägt später viele Details (Salinge, Rahen, Konsolen, Träger für Laternen usw.), welche hauptsächlich in Quer- oder auch Längsrichtung angebracht werden. Damit der Mast bei diesen Anbauten nie verdreht eingesteckt wird, habe ich in die Decksdurchführungs-Buchse einen Verdrehungsschutz eingebaut. Das ist eine Halbschale (a im Foto 12) , (Die Halbschale (a) wird tatsächlich weiter unten eingeklebt.) die mit 2-K-Kleber in die Decksdurchführung geklebt wurde. Ein Mastimitat (5 im Foto 12) hat unten ein dickes Teil vom Durchmesser (10 mm) des Untermastes. Eine längsverschiebbare Zentrier-Buchse (6), ebenfalls mit 10 mm Außendurchmesser, gibt oben bei der Konsole die Richtung. Unten habe ich auf halben Durchmesser eine Querstufe angefräst, die exakt in die Halbschale (a) paßt, so exakt, daß nicht die geringste Verdrehung erfolgen kann. In gleicher Einspannung erhielt das Mastimitat etwas weiter oben eine 4-mm-Querbohrung für einen recht langen 4-mm-Stift. So vorbereitet konnte ich nun die Halbschale mit 2-K-Kleber in die Decksdurchführung einkleben (Foto 13) . (Derartige Gedanken zur Verbesserung der Qualität sollte man sich bei fast allen Arbeiten am Modell machen.) Dabei habe ich das Mastimitat mit dem 4-mm-Stift so gedreht, daß dieser genau in Schiffs-Querrichtung steht. Gemessen habe ich diese Lage zur Rückwand vom vorderen Deckshaus, welche direkt vor dem Mast endet. Damit die Zentrierbuchse bei der Aktion nicht nach unten rutschen kann, habe ich oben mit einer Wäscheklammer gesichert. Die gleiche Stufe, wie sie das Mastimitat am unteren Ende hat, erhielt auch der Untermast. Wenn ich diesen nun bei den weiteren Arbeiten am Mast einstecke, wird er immer in gleicher Richtung stehen. Die u.U. nötigen Vorrichtungen für den weiteren Bau am Mast erhalten den gleichen Verdrehungsschutz. Auf diesen Detailbau, welcher wieder einige Zeit in Anspruch nehmen wird, freue ich mich schon jetzt.

Jürgen Eichardt

Weiterführende Literatur:

(1) Jürgen Eichardt, „Drehen für Modellbauer“ Band 1, Verlag für Technik und Handwerk Baden-Baden, 2001, ISBN 3-88180-713-6, € 19,-

(2) Jürgen Eichardt, „Drehen für Modellbauer“ Band 2, Verlag für Technik und Handwerk Baden-Baden, 2001, ISBN 3-88180-714-4, € 17,-

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