the soviet minesweepers of SASHA-class
In den letzten Jahren erhalte ich oftmals auch aus dem Ausland unverhoffte Hilfe von Hobbyfreunden, die mich bei meiner Arbeit zumeist uneigennützig unterstützen wollen. Als Grund dafür sehe ich meine zahlreich besuchte Homepage im Internet. So bekam ich vor einiger Zeit einen intensiven Kontakt zu einem jungen Mann, Gennady K. aus Russland, der meine besondere Vorliebe für die kleineren Kampfschiffe kannte. Er selbst hatte zu Zeiten der Sowjetunion auf einem Minensucher der SASHA-Klasse gedient und schickte mir nun als Anhängsel zahlreicher E-Mails eine ganze Serie, konkret 141 Stück, von mehr oder weniger retuschierbedürftiger Schwarz-weiß-Scans aus seinem Fotoalbum. Die große Fotoserie machte mir zweierlei klar: erstens, daß man es bei der Sowjetmarine mit dem Fotografier-Verbot, das im Grunde bei allen Marinen der Welt besteht, doch nicht zu ernst nahm aber auch den katastrophalen Pflegezustand der Boote. Aus Buchveröffentlichungen und einer älteren Ausgabe der sowjetischen Modellbauzeitschrift „Modelist Konstruktor“ entnahm ich Skizzen bzw. „Modellplanversuche“ und konnte nun daraus meine Skizze von der SASHA-Klasse, welche im Mittelpunkt dieses Schiffsporträts steht, entwickeln. Ich habe die Zeichnung im Maßstab 1:100 ausgeführt. Sie konnte hier nur verkleinert abgebildet werden. Ich möchte an dieser Stelle gern einmal an meinen besonderen Service erinnern (bzw. ihn erwähnen), der darin besteht, daß ich alle (!) meine Zeichnungen und Pläne digitalisiert habe und sie bei Interesse (Tel.: 0721-47040072) in nahezu jedem Maßstab ausdrucken lassen kann. Selbstverständlich kann ich auch die oben erwähnte Fotoserie bei Bedarf auf eine CD brennen, denn Gennady K. hat, hilfsbereit wie er ist, seinerzeit ausdrücklich keinen Copyright-Anspruch gestellt.
Von den kleinen Basen-Minensucher
des sowjetischen Projekts 265 (NATO-Code: SASHA-Klasse) wurden in den Jahren
1956 bis 1963 insgesamt 42 Einheiten auf der Schiffswerft Nr. 341 in Rybinsk für
die Sowjet-Marine aus Stahl und bereits mit ABC-Schutz gebaut. Von dort, über
500 km weit im Inland, wurden die Boote über Binnenwasserstraßen, den Onega- und
Ladogasee zur Indienststellung in das damalige Leningrad gebracht. Die für Boote
dieser Größe für die Sowjetmarine relativ geringe Anzahl läßt darauf schließen,
daß man mit der Konstruktion nicht ganz zufrieden war. Dafür spricht auch die
Tatsache, daß sie weder an „befreundete Marinen“ abgegeben noch in Lizenz gebaut
wurden. Dennoch waren es schnelle und gut manövrierende Flachwasser-Minensucher,
welche offenbar die kleinen Minensucher vom Projekt 253-LP (NATO-Code: T-301
),
welche noch am Ausgang des Zweiten Weltkrieges entwickelt wurden (1946 – 1956
gebaut), ablösen sollten. Die insgesamt 103 Boote der T-301-Klasse hatten, nach
dem Vorbild japanischer Kriegs-Notbauprogramme bei ähnlichen kleinen Booten,
Rümpfe, für deren Außenhaut keine gewölbten Plattengänge gefertigt werden mußten.
Normale Stahlbau-Betriebe konnten so die „flächigen“ Rümpfe mit den kantigen
Außenhauten bauen. Sie verdrängten bei 38,00 m Länge, 5,70 m Breite und 1,58 m
Tiefgang maximal 164 ts. Drei Diesel von zusammen 690 PS brachten die Boote auf
eine Freifahrgeschwindigkeit von 12,5 kn. Sie hatten eine halbhohe Back und
waren mit 2 x 45-mm-Kanonen „21-KM“
und 2 x 12,7-mm-Zwillings-MG´s bewaffnet. Die 21-KM-Kanonen hatten 68 Kaliber
lange Rohre und verschossen bei einer Vo (VauNull) von 835 m/sec bis zu 40 Schuß/min
(je nach Fertigkeit der Kanonenmannschaft). Die Granaten waren 1,41 kg schwer,
die Schußweite/-höhe betrug 10,6/6,4 km. Auch nach Albanien (6 Boote), Ägypten
(2) und Polen (9) wurde dieser Typ des Minensuchers geliefert.
Bei der SASHA-Klasse sind neben
dem Grundprojekt 265 (2 Boote)
drei weitere Ausführungsvarianten bekanntgeworden: 265K (13 Boote), 265A (24
Boote) und E-265 (letzte 3 Boote) auch bereits als Minenjäger mit einem
ET-3-Unterwasser-Kamerasystem und Jagddrohnen (?) oder Minentaucher (?) gebaut.
Das Grund-Projekt 265 hatte eine Standard-/Voll-Verdrängung von 235/259 ts und
war 42,50 x 6,40 x 1,74 m groß. Zwei Diesel vom Typ „33D“ von zusammen 1.800 PS
brachten die Boote auf 18 Knoten Freifahrgeschwindigkeit. Der Treibstoffvorrat
genügte für 1.500 sm bei 10 kn oder 2.000 sm bei 8 kn Fahrt. Beim Schlepp des
mechanischen Räumgeräts verringerte sich die Geschwindigkeit auf 8 kn. Ein
50-kW-Dieselgenerator erzeugte den Bordstrom. Die Seeausdauer betrug 5 Tage.
Bewaffnet waren die beiden Boote mit einem 37-mm-Flak-Zwilling „W-11“
auf der Back und zwei überschweren MG´s 14,5 mm (2-M-7)
als Rohrwaffen und mit einem Wasserbombenwerfer Typ „BMB-1“ (einrohriger
Stempelwerfer auf einem kleinen Wagen
),
dazu zehn WABO´s Typ „10 BGB“. Auf den Minengleisen am Heck konnten sechs
Ankertauminen vom Modell „1908/39“ (Gesamtgewicht: 592 kg, Ladungsgewicht: 115
kg, Wassertiefe max./min: 110/15 m, max. Geschwindigkeit des Minenlegers: 8 kn)
mitgeführt werden. Als mechanisches Kontakt-Räumgerät war „MT-3“, als
magnetisches das „PEMT-4“, das Räumgerät Typ „TsOK-1“ sowie die akustische
Schlepp-Räumboje „BAT-2“ an Bord. Als Sensoren standen das Navigations-Radar
„Don“ oder „Linj“, das ESM-Radar System „Bizan-4“ und das Sonar „Tamir-11“ zur
Verfügung. Es waren 47 Mann an Bord, davon vier Offiziere. Das Sonar und der
WABO-Werfer deuten auf eine minimale U-Jagd-Fähigkeit der Boote hin.
Die Boote des Projekts 265K
waren etwas größer: 265/289ts, 46,1 x 6,4 x 1,85 m. Zudem hatten sie einen
zweiten 25-kW-Dieselgenerator. Die Rohrbewaffnung war stärker: eine
45-mm-Einzelkanone „SM-21-ZIF“
auf der Back und bereits zwei 25-mm-Zwillinge „2-M-3M“
.
Die SM-21-Kanonen waren bereits automatische Waffen und es gab sie in Einzel-
und Zwillingslafetten-Aufstellung. Ihre Rohre waren 46 Kaliber lang. Das reichte
für eine Vo von 760 m/sec und damit für eine Schußweite/-höhe von 9,5/6,0 km.
Hier wogen die Geschosse ebenfalls 1,41 kg und mit dem Einzelrohr konnten 25
Schuß/min abgefeuert werden. Die übrigen Werte für das Projekt 265K sind wie
beim Projekt 265.
Auch das Projekt 265A war wiederum
etwas vergrößert: 291/315ts, 46,50 x 6,60 x 1,86 m, jedoch mit zwei
Dieselmotoren „36D“ von zusammen 2.000 PS nur noch 14,5 kn schnell, die
Reichweite aber 1.500 sm bei nun 10 kn Fahrt. Die Boote hatten nun zwei
50-kW-Dieselgeneratoren. Auf der Back stand entweder eine 45-mm-Kanone
„SM-21-ZIF“ oder eine 57-mm-L/70-Kanone „ZIF-71“ in Einzellafette
.
Die Zusatzflak von zwei 25-mm-Zwillingen sowie die übrige Bewaffnung und
Ausrüstung behielt man bei. Als magnetisches Räumgerät wurde nun der Typ „ST-2“
gefahren.
Die Minensucher hatten zwei Voith-Schneider-Propeller (Typ „DKK 16/18“) als Antrieb. Sie waren damit recht wendig und schnell. Die Anordnung dieser Vertikal-Propeller bedingte einen Übergang von der Kimmrundung im Mittelschiff zu einem scharfen Außenhautknick am Heck mit einer sog. Abrißkante. Wegen der hohen Geschwindigkeit hatte das durchgehende Deck im Vorschiff einen starken Sprung. Deshalb blieb die Waffe auf der Back auch weitgehend trocken. Direkt unterhalb des Waffensockels erkennt man den stromlinienförmigen Sonarkopf der Anlage „Tamir-11“. Am Vorsteven sieht man die Klappspiere, an welcher die beiden Ottern vom Bugschutzgerät gefahren werden. Für das Herablassen dieser Spiere mit den entsprechenden Standern sind beidseitig vom Bugflaggstock zwei Umlenkbahnen angeordnet. Der offene Fahrstand ist überdacht. Dahinter gibt es eine Scheinwerfer-Plattform und einen Dreibeinmast für eine erschütterungsfreie Aufstellung der Radargeräte. Neben dem Kamin stehen die beiden 25-mm-Zwillinge auf dem Aufbaudeck. An der Achterkante vom Schornstein ist der Kran zur Bedienung des Ruder-Beibootes und zum Aussetzen der Schwimmer und Schneidottern (Bugschutzgerät) angeordnet. Die Geräuschboje lagert an Backbord neben dem Beiboot. Die Oberkante des geraden Heckspiegels ist für ein leichtes Aufnehmen der Schlepp-Räumgeräte, wie üblich, stark gerundet. Für das Einholen der Geräte stehen am Heck zwei David-Kräne.
Jürgen Eichardt
Weiterführende Literatur:
- A. S. Pavlov, „Warships of the USSR and Russia 1945-1995“, Naval Institute Press, 1997 ISBN 1-55750-671-X
- Vladimir Yakubov/Richard Worth, “Raising the Red Banner”, Spellmount, 2008, ISBN 978-1-86227-450-1
Bildtexte:
Foto 1:
Steuerbord-Ansicht vom Vorschiff mit Brücke und 45-mm-Flak. Von der Bugspiere
ist nur noch der untere Drehpunkt knapp über der Wasserlinie zu sehen. Das
Rettungsfloß hinter der Brückennock fehlt. Ich kann mich noch gut an den völlig
überzogenen Respekt der Mannschaften gegenüber den Offizieren erinnern. Die
Matrosen klebten fast mit dem Rücken am Deckshaus fest, wenn ein Vorgesetzter
auf dem schmalen Seitengang vorbeigehen wollte. Einige dieser Boote waren zu
meiner Dienstzeit in Sassnitz stationiert. (Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 2:
Blick von der Brücke über das Vorschiff. Am Bug sieht man die beiden
Umlenkbahnen für die Draht-Stander vom Bugschutzgerät. Daß man auf dem Deck
schmale Laufbahnen andersfarbig absetzt, haben die "Freunde" sicherlich von den
Lend-Lease-Schiffen der US-Navy während des WWII abgeschaut, waren diese
Streifen auch gesandet?
(Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 3:
Ein retuschiertes Foto der Serie: Blick in die Steuerbord-Nock des Fahrstandes.
Fast alle Fotos sind so „steil“ entwickelt, die mittleren Grautöne fehlen
(verbrauchte Entwicklerlösung). (Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 4:
Blick über die 45-mm-Flak-Waffe. In den beiden regalartigen Gestellen rechts
werden die Granatbündel gelagert, welche vom davorstehenden Ladekanonier von
Hand in die gerundete Nachlade-Einrichtung in der Bildmitte gesteckt werden. Der
große Hebel zum Spannen der Waffe vor dem ersten Schuß ist links zu sehen.
(Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 5:
Stb.-Ansicht des Mittschiffsbereiches. Der 25-mm-Zwilling an Backbord fehlt.
25-mm-Flak, Beiboot und Räumwinde sind mit Persenningen abgedeckt. Vor dem
Beiboot an Stb.-Seite-Deck erkenne ich zwei WABO-Sliplager - U-Jäger, ich lach
mich tot. Der Jockel erzeugt Strom, Blasenspur im Wasser – Seeklarmachen oder
Essenkochen? Doch eher Essenkochen. (Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 6:
Blick über die 45-mm-Waffe auf die Brückenfront. Die Rohre der
Berieselungsanlage lösen sich bereits aus den Halterungen. Für westliches
Verständnis wäre das Boot ein Wrack. (Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 7:
Bugansicht eines nach rückwärts fahrenden Bootes. Die Salingplattform samt
Radargerät und die lange Stenge dahinter sind deutlich nach Backbord versetzt.
Das Bugschutzgerät ist noch vorhanden. Die Seitenwände vom Deckshaus stehen
vollkommen senkrecht. Am Bug darf natürlich der Sowjetstern nicht fehlen. Der
Ladekanonier steht in der Bugwaffe. Oben-links die kleine
Freund-Feind-Kennungsantenne (FFK), nicht zu verwechseln mit FKK, das ist was
anderes. Ganz oben die "Flaschenantenne", das ist der Strahler der FFK-Anlage.
(Foto: Sammlung Eichardt)
Foto 8: Lassen wir es gut sein, ich habe schon die besten Fotos ausgesucht.