Drei Glocken
three ship´s bells
An Bord der USS CASSIN YOUNG finden wir insgesamt drei Schiffsglocken aus (hochglanzpoliertem) Messing. Sie haben einen unteren Durchmesser von 440 mm, das sind im M 1:50 genau 8,8 mm.
Die Fertigungsreihenfolge für diese Formdrehteile:
Aus 9-mm-Drehmessing (Ms58) werden drei Rohlinge mit Spannzapfen Durchmesser 5 x 10 vorbereitet und abgestochen.
Auf dem Zapfen gespannt wird sauber plangedreht und der Durchmesser auf 8,8 mm überdreht, dabei werden beide Skalenringe für das nun folgende "gestufte Formdrehen" "genullt".
Die Kontur der Glocke (Kurve g, b und e) wird 10-fach größer auf Millimeterpapier gezeichnet (nur eine Hälfte!), a ist dabei die Mittellinie. Die Kurve b habe ich einer guten Schiffsdetail-Zeichnung von Herbert Thiel entnommen.
Von der Null-Startlinie (c in Foto 3) werden nun, beim Durchmesser 8,8 beginnend, aus der Zeichnung herausgemessene Stufenlängen in 0,2-mm-Höhenschritten (0,4-mm-Durchmesserreduzierungen von Absatz zu Absatz!) angedreht. Zum Punkt h hin werden die Stufen dabei immer länger.
Das anschließend wegzudrechselnde Material habe ich in diesem Bild geschwärzt.
Sind alle Stufen angedreht, dann sieht das Teil so aus. Die Schräge f vom Foto 3 ist hier noch als zweiter zylindrischer Absatz zu sehen. Auch der kleine Absatz für die Aufhängelasche ich noch zylindrisch.
Fährt man die Stufenlängen bei voller Konzentration gleich an, so sehen die Teile schon jetzt vollkommen gleich aus.
Sie werden nacheinander wieder eingespannt und die Gesamtlänge wird etwa zur Hälfte tief eingestochen (Linie d in Foto 3).
Nun wird der Stechdrehstahl schräg gestellt und die konische Schräge (e in Foto 3) angestochen.
Der Rest wird mit einem Dreikantschaber angedrechselt (die Rundung oben an der Aufhängelasche, das geschwärzte Material von Foto 5, die Schräge f und die geringen Rundungen bei h und j in Foto 3)(Kopflupe!).
sieht danach so aus...
Hier sieht eine Glocke aus, wie die andere heißt...eine Augenweite! Auf diese Weise kann man alle Formdrehteile vollkommen gleich herstellen - und, ganz ohne CNC!
Als Nächstes habe ich die Aufhängelasche zu einer Schlüsselweite von 0,8 mm im Teilkopf angefräst. Unten liegt bei diesem Bild eine Aufhängevorrichtung.
Mit einer (Stoff-)Schwabbelscheibe und zugehöriger Polierpaste werden die drei Glocken auf Hochglanz geschwabbelt und abgestochen...in die Aufhängelasche mittig ein 0,4-mm-Loch gebohrt.
Damit man die Glocken für das innere Ausdrehen überhaupt spannen kann, wird in ein rohrartiges Messingstück ein Konus so eingedrechselt (Dreikantschaber), daß die Glocke gut paßt und nicht verkippen kann.
Mit sehr wenig Lötzinn wird nacheinander jede Glocke in dieses Rohrstück gelötet. Es steht dabei senkrecht (Propangas-Lötbrenner). Die gelbe Farbe kommt hier nicht von der Glut des Teils, sondern vom Fotografieren bei Kunstlicht.
Das Rohrstück kann nun im Backenfutter gespannt, plangedreht und der Innenraum zuerst ausgebohrt werden. Der Glockenkörper ohne Aufhängelasche ist etwa 7 mm lang. Mit einem 1,4-mm-Wendelbohrer wird 6 mm tief gebohrt (k im nächsten Bild) und mit einem 4-mm-Bohrer nur 4 mm tief (l im Bild).
Danach wird die gekurvte Innenkontur (m) ebenfalls mit einem Dreikantschaber ausgedrechselt.
Das sieht dann so aus.
Nach dem Entlöten wird das Lötzinn mit einer rotierenden Drahtbürste weggebürstet (Lötzinn ist sehr weich und läßt sich so gut entfernen). Die drei fertig gedrehten Glocken sehen wir links. Die beiden kleineren Glocken rechts wurden nach dem gleichen Verfahren hergestellt.
Fehlen noch die Glocken-Klöppel im Inneren. Diese drehe ich aus einem Stück 2,5-mm-Rundmessing. Die Kugel hat einen Durchmesser von 1,6 mm, das dünne Stück in der Mitte ist 0,6 und vorn wird eine 0,4-mm-Bohrung etwa zur halben Länge eingebohrt. Das hintere Stück ist 1,35 stark. Die Kugelform wurde hier mit dem Spitzstechstahl vorgedreht und mit dem Dreikantschaber fertig "gedrechselt".
Aus 0,35-mm-Kupferdraht werden Ösen gebogen und diese in die Klöppel eingeklebt....
...danach der Klöppel in die 1,4-mm-Innenbohrung der Glocke. Nach dem Anbinden einer geflochtenen Schnur (die typische Vierkantplatting) sind die Glocken nun fertig zur Montage am Modell. Außen habe ich die Glocken mit einer Stoff-Schwabbelscheibe und mit Polierpaste auf Hochglanz geschwabbelt.
(Foto anklicken) Vierkantplatting als "Griff" an einer Schiffsglocke (Foto: US-Navy).
Die Glocke am Mastträger ist moniert. Damit der Glanz bleibt, wurde die Glocke farblos lackiert und der Klöppel schwarz gestrichen. Den "Griff" habe ich gedreht und mit hellgelber Farbe gestrichen. Im Hintergrund erkennt man an einer kleinen Nagelbank vier Belegnägel (für Flaggleinen). Diese sind, wie beim Original auch, aus Edelstahl gedreht. Auch der (Plexi-)Glaskörper der Deckslampe an der Ecke ist farblos lackiert.