Feuerlöschboot „Küste“ FLB-40-3

fire extinguishing boat "coast" FLB-40-3

Die 1890 von Claus Engelbrecht gegründete Yacht- und Bootswerft Niederlehme (später Berlin/Köpenick) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, wie die meisten großen Betriebe auf dem Gebiet der DDR, in Volkseigentum überführt, also verstaatlicht. Anfangs hieß der Betrieb noch VVW Yachtwerft Claus Engelbrecht (VVW =Vereinigung volkseigener Werften). In der Werft wurden zuerst Fischkutter als Reparationsleistungen für die Sowjetunion, Sportboote aller Typen, verschiedene Binnenschiffe aber auch diverse kleinere Kampfschiffe gebaut (Torpedofangboote (auf SCHWALBE-Klasse aufgebaut), die KS-Boote , es waren kleine U-Jäger, die drei-rohrigen LTS-Boote vom Projekt 68.2 aus Mahagoni-Holz, die Grenzkontrollboote KB-23 , Reedeschutzboote der beiden Typen TÜMMLER und DELPHIN , und die 42 Räumpinassen der SCHWALBE-Klasse). Der Betrieb, der später auch in zwei Betriebsteile aufgeteilt wurde, profilierte sich als Werft für den Bau von Spezialschiffen. Auch die für die DDR bekannten Feuerlöschboote vom Typ IBIS (14 Einheiten, davon sieben für den Export), die 23-m-Binnen-Feuerlöschboote (1972) (Super-1:15-Modell eines Leipziger Modellbauers) und von 1981 bis 1983 auch die drei großen, 40 Meter langen Feuerlöschboote „Küste“ wurden im VEB (volkseigener Betrieb) Yachtwerft Berlin projektiert und gebaut.

1978 erhielt die Werft den Auftrag zur Entwicklung eines leistungsfähigen Feuerlöschbootes unter der Projektbezeichnung „1320“ für den Einsatz in den DDR-Ostseehäfen, auf Reede, im Bereich der Wasserstraßen und an der Küste. Feuerlösch- und Bergungsarbeiten sollten möglich sein. Darüber hinaus war an eine Unterstützung der Feuerwehren an Land bei der Brandbekämpfung in Werften, Lagerhallen und an Tankanlagen gedacht sowie an Sondereinsätze bei Havarien, Wasserunfällen und auch bei der Seenotrettung. Mit der projektierten Rumpfgröße war die maximale Baugröße der Werft voll ausgeschöpft. Die Erprobung der drei gebauten Boote, welche keine Namen, sondern nur Nummern (FLB-40-1 bis FLB-40-3) führten, erfolgte stets auf den Berliner Binnengewässern. Danach erfolgte die Überführung mit teilweise demontierten Aufbauten (Brückendurchfahrtshöhe 3,9 m) über die Oder zur Küste.

Zuerst einige Zahlen zum Typ FLB-40:

-      Konstruktionslänge: 40,00 m

-      Länge über alles: 40,20 m

-      Länge zwischen den Loten: 35,84 m

-      Länge in der KWL: 37,43 m

-      Breite über alles: 7,57 (7,46) m

-      Breite auf Spanten: 7,20 m

-      Breite in der KWL: 6,96 m

-      Seitenhöhe: 3,52 m

-      Balkenbucht: 0,15 m

-      Konstruktionstiefgang: 2,10 m

-      Tiefgang voll ausgerüstet: 2,19 m

-      Abstand Bauspanten: 500 mm

-      Konstruktionsverdrängung: 343,10 m³

-      Max. Deplacement: 248,40 (247,50) t

-      Kraftstoffvorrat: 11,3 t

-      Schaumbildnervorrat: 16,25 t

-      Antrieb: 3 Diesel Typ „12 KVD 21 Al-4“ mit je 900 kW

-      Geschwindigkeit: 16 kn

Die Motorkraft (1.500 U/min) wird über je ein Reduziergetriebe (2,96:1 bzw. 2,83:1 nur bei der Steuerbord-Maschine!) auf drei vier-flunkige Verstellpropeller übertragen. An der Vorderseite der Dieselmotoren sind die drei Haupt-Feuerlöschpumpen mit einer Gesamtleistung von 1.200 m³/h angekuppelt. Die Pumpen arbeiten entweder nur mit Wasser oder kombiniert mit Schaumbildner auf fünf Wendestrahlrohre und sechs A- und 16 B-Schlauchanschlüsse. Zwei Wendestrahlrohre sind am Korb des Hubsteigers angebaut. Der hydraulisch betriebene Hubsteiger war ursprünglich ein Gerät zum Beschneiden von Obstbäumen (tschechoslowakische Produktion), montiert auf einem LKW. Für den Einsatz auf den Löschbooten wurde es mit beweglichen Wasserrohren modifiziert. Die Plattform der Hubsteigers kann bis 20 m über der KWL ausgefahren werden. So wird eine Bekämpfung von Bränden von oben aber auch ein Übersteigen von Feuerlöschpersonal auf größere Schiffe möglich. Der Schwenkbereich des Hubsteigers ist nach jeder Seite auf 60° begrenzt. In Sonderfällen kann er auch mit zwei Haken als „Kran“ benutzt werden. Am Korb befinden sich zwei B-Anschlüsse und wie auf dem gesamten Schiff eine Eigenschutz-Sprühanlage. Die Feuerlöschpumpen können natürlich auch als Saugpumpen zum Lenzhalten havarierter Schiffe und Boote verwendet werden.

Daneben hat das Schiff ein zweiteiliges Gas-Feuerlöschsystem (60 bzw. 110 kg Löschmittel Chlorbrommethan) zur Brandbekämpfung auf dem eigenen Boot und zur Objektbrandbekämpfung. Und es gibt ein Hochdruck-Löschsystem mit einer 80 m langen Schlauchleitung mit Handstrahlrohr und ein zusätzliches Hilfs-Löschsystem.

Der Rumpf mit kurzer Back hat insgesamt fünf Außenhaut-Knicke . Der sensible Bug wird von einem Rollenfender (Autoreifen) geschützt. An Seite-Deck gibt es eine umlaufende Gummi-Scheuerleiste. Die Wellenleitung zum Mittelpropeller wird in einem Totholz geführt. Seitlich an diesem sitzen Strömungskanten. Alle drei Propellerwellen sind parallel angeordnet. Im Hauptmaschinenraum, direkt unter den voluminösen Kaminen sind die drei Diesel installiert. Mittig im Propellerstrom sitzen die drei Spatenruder; der mittlere ist der größere. Im kleinen Deckshaus unter der Löschkanone auf der Back ist ein Tank (fast 11.000 Liter) für den Schaumbildner eingebaut. Im Quergang (zwischen Spant 10 und 11) befindet sich der Niedergang zum Hilfsmaschinenraum und nach vorn der Eingang in das vordere Deckhaus. In diesem Deckhaus mit runden Schiffsfenstern sind die Messe, WC, Wasch- und Duschraum, ein Aufenthaltsraum und die Kombüse zu finden. Darüber ist das schwingelastisch aufgehängte Steuerhaus mit guter Rundumsicht installiert. An der Achterkante des Steuerhauses stehen die beiden seitlichen Löschkanonen. Zwischen den beiden Kaminen gibt es einen schmalen Durchgang. Hinter ihnen ist auf einem Wagen seitlich verfahrbar ein 4,65-m-Riemenarbeitsboot gelagert, welches von zwei kleinen Bootskränen ausgesetzt wird.

Ich bedanke mich herzlich bei den Herren Dietrich Strobel (Buchautor), Siegfried Borchert, Wolfgang Horbens, Sascha Lischewski und Egon Wirth (Buchautor). Sie haben mir für die Erarbeitung dieses Beitrages viele Fotos von den Originalbooten, vom fertigen Modell (Hr. Horbens) und Werftpläne zur Verfügung gestellt.

Ein paar Worte zum 1:25-Modell von Wolfgang Horbens: Es wurde während dreieinhalb Jahren als F6/F7-Modell gebaut und wiegt 18 kg. Seine Funktionen sind: beweglicher Hubsteiger, funktionsfähige Löschkanonen und Kran, Beiboot, Geräusche und Kommandos. Unter anderem errang Herr Horbens mit dem Modell bei der Deutschen Meisterschaft 2008 in der Klasse F7 den 1.Platz.

Die hier verkleinerte Zeichnung können Sie von mir als Modellpläne erhalten: im M 1:50 (Best.-Nr. pl050) oder im M 1:40 (Best.-Nr. pl051) zusätzlich jeweils einer Foto-CD mit fast 300 Fotos von den drei Booten.

Jürgen Eichardt

Bildtexte:

Foto 1: Das heute (2008!) noch einzige in Dienst befindliche Löschboot FLB-40-3 an seinem Liegeplatz in Rostock Groß-Klein. Das Arbeitsboot ist inzwischen durch ein kleines Schlauchboot ersetzt.

Foto 2: Der Lenkbügel der Löschkanone ist bei Nichtgebrauch nach vorn geklappt. Unter der Löschkanone der Quergang.

Foto 3: Der Steuerbord-Kamin von hinten.

Foto 4: Brückenfront von vorn. Nur ein Schleuderfenster ist eingebaut. Die drei mittleren Fenster haben herkömmlicher Scheibenwischer.

Foto 5: Der Backbord-Seitengang mit den Stufen zur Back. Gut ist hier der dunkelgrüne Farbton der Decks zu erkennen.

Foto 6: Quergang und eine Treppe zum Aufbaudeck.

Foto 7: Die diversen A- und B-Anschlüsse sind etwas für Detail-Liebhaber.

Foto 8: Das wunderschöne FLB-40-Modell von Wolfgang Horbens.

Foto 9: Und hier die Steuerbord-Ansicht des noch nicht ganz fertigen Modells…

Foto 10: Noch eine Brückenansicht vom FLB-40-2. Löschkanone und Schiffsglocke sind ausgebaut.

Foto 11: Im Bild der Hubsteiger vom FLB-40-2. Dieses Boot hat zum Besteigen der Plattform eine kleine Bühne mit Treppe an Backbord.

Foto 12: Die achtere Wand vom Steuerhaus. Die Leiter gibt es nur an der linken Seite.

Foto 13: Drehkranz vom Hubsteiger mit seiner Mechanik und den Rohrleitungen. Hinten-rechts die erwähnte Bühne.

Foto 14: Plattform am Hubsteiger mit den Lichtgitterrosten von unten. Die Strahlrohre sind abgebaut.

Foto 15: Bugankerwinde mit Senkrecht-Spillkopf auf der Back. Nur die Ankerkette vom Stb.-Anker liegt in der Kettennuß; die andere liegt lose auf dem Deck. Ein gutmeinender Mensch hat einen Zollstock auf das Deck gelegt. Links-oben die offene Luke zur Vorpiek.

Foto 16: FLB-40-1, hier noch im Volksmarine-Look mit rotem Rumpf und hellgrauen Aufbauten.

Foto 17: FLB-40-3 während einer simulierten Übung am DDR-Frachter MS THALE im Mai 1988.

Foto 18: FLB-40-2 2009 in der Abwrackwerft in Wilhelmshaven.

Foto 19: Datenblatt vom FLB-40.

Foto 20: FLB-40-3 spritzt während er Hanse-Sail 2015 aus allen Rohren.

Foto 21: (Danke Günter (Martin) für die Fotos) Vorschiff vom fertigen Horbens-Modell.

Foto 22: (Danke Günter)

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