museum harbor Greifswald
Der eigentliche Sinn unserer Reise war das kleine Fischerdörfchen Greifswald-Wiek mit dem Segelschulschiff GREIF (ex. WILHELM PIECK) und dem Taucherschiff ARTUR BECKER. Als die Recherchenarbeit getan war – so glaubte ich – wollten wir uns noch in Ruhe die Hansestadt Greifswald ansehen. Der Stadthafen sollte einige Museumsschiffe haben. So hatten wir gehört. Man kann sie sich ja mal kurz ansehen. Also lenkten wir unsere Schritte in Richtung Ryck-Strom. Zum Glück hatte ich die Kamera dabei – und zwei Speicherkarten mit größter Kapazität, 128 MB: je 200 Fotos bei höchster Auflösungseinstellung. Damit läßt sich etwas anfangen. Und das habe ich auch gebraucht, denn was wir hier, mehr so durch Zufall, zu Gesicht bekamen, übertraf alle unsere Erwartungen. Der Besuch des eigentlichen Stadtzentrums mußte aus aktuellem Anlaß auf den nächsten Tag verschoben werden!
1991 wurde der alte Stadthafen dem „Museumshafen Greifswald e.V.“ übergeben. Begeisterte Traditionsschiffer haben sich in diesem Verein die lobenswerte Aufgabe gestellt, ehemalige Berufsboote und –schiffe zu restaurieren und für Sport- und Freizeitzwecke in Fahrt zuhalten. Gerade wegen dem zuletzt genannten Grund ist bei vielen Fahrzeugen das ursprüngliche Aussehen als Arbeitsschiff nur noch zu erahnen. Das mindert aber keinesfalls das Vergnügen, die sehr gut gepflegten Boote, die zum Greifen nahe in der Museumsmeile liegen, ausgiebig zu betrachten – und zu fotografieren. Dazu hatte ich jedenfalls gutes Linsenwetter. Die oft „wohndecklosen“ Arbeitsboote erhielten von den jetzigen Eignern zusätzliche Decks, Kajüten und moderne Sanitär- und Sicherheitseinrichtungen. Die wenigsten Änderungen erfuhren die Takelagen, die meist noch im Urzustand vorhanden sind, und die Rümpfe. Für viele Schiffe besteht die Möglichkeit für eine Mitreise. Dazu nimmt man am besten Kontakt zum Verein auf: Volker Pesch, Hafenstraße 31 in 17498 Greifswald, Tel.: 038356-51526 oder volker.pesch@gmx.net. Auf der Homepage des Vereins www.museumshafen-greifswald.de findet man eine Liste aller Ausstellungsexponate:
Schiffsname |
Heimathafen |
Schiffstyp |
Eigner |
Baujahr |
AENNA TE GONDERN |
Greifswald |
Fracht-Tjalk |
Weihreter/Faensen |
1890 |
ALBATROS |
Hamburg |
Gaffelketsch |
Stefan Haberl |
1913 |
ALFRED |
Greifswald |
Besanewer |
Dr. Hinrich Meyer |
1913 |
ANNA MARIA SOPHIA |
Greifswald |
„Seekuh“ |
Siegfried Rust |
1938/40 |
ANNA SUSANNA |
Greifswald |
„Seekuh“ |
Antje Radvan |
1938 |
AVISO II |
Greifswald |
Ketsch |
Jochen Krüger |
1932 |
BERTA VON LASSAN |
Greifswald |
Ewer |
Jörg Friedrich |
1910 |
BORSGRIEPER |
Greifswald |
Zeese |
Frank Czerwinski |
1904 |
CHRISTIAN MÜTHER |
Greifswald |
Seetjalk |
Museumshafen Greifswald e.V. |
1904 |
CHRISTIENE |
Greifswald |
Zeese |
Jörg Andrasch |
1901 |
CONDOR |
Festlieger |
Schwimmkran |
Museumshafen Greifswald e.V. |
1913 |
CONDOR |
Peenemünde |
Nordseekutter |
Alfonso Steinbrüggen |
1939 |
DWARSLÖPER |
Auflieger |
Zeese |
Peter Klatt |
|
ELIDA |
Greifswald |
Yacht |
Jürgen Reich |
1955 |
FREUNDSCHAFT |
Greifswald |
Gaffelketsch |
Ralf Witt |
1949 |
GODEWIND |
Greifswald |
Yacht |
Julia Bartels |
|
GOLEM |
Greifswald |
Hafenbarkasse |
Rolf Helgert |
1933 |
GYTHA OGG |
Greifswald |
Folkeboot |
Ulrich Neuner |
1952 |
HANNE MARIE |
Greifswald |
Haikutter |
Hanne Marie e.V. |
1919 |
HÄGAR |
Auflieger |
KFK |
Udo Söder |
1941 |
HEIMKEHR |
Greifswald |
Rammschiff |
Museumshafen Greifswald e.V. |
|
HOFFNUNG |
Auflieger |
Dänische Jagt |
Reinhard Bach |
1919 |
HOL DÖRCH |
Freest |
Zeese |
Ulf Bader |
1930 |
ISLABORG |
Greifswald |
Nordseekutter |
Rainer Pönicke |
1950 |
POMERIA |
Greifswald |
Dampfeisbrecher |
Museumshafen Greifswald e.V. |
1907 |
LOVIS* |
Greifswald |
Logger |
Böe e.V. |
1897 |
MOEWE |
Greifswald |
Yacht |
|
|
NEPTUN |
Greifswald |
Reusenboot |
Museumshafen Greifswald e.V. |
1950 |
ODIN |
Greifswald |
Yacht |
Martin Kilian |
1936 |
OLGA |
Greifswald |
Hafenbarkasse |
Udo Söder |
1940 |
OLL KORL |
Freest |
Seequatze |
Ingo Beyer |
1910 |
PETRINE* |
Lübeck |
See-Ewer |
Petrine e.V. |
|
POMMERLAND |
Greifswald |
Zeese |
Pommerland e.V. |
1880 |
REMAVAL |
Greifswald |
Yacht |
Jens Uwe Kiefer |
1954 |
RUDEN |
Sassnitz |
Lotsenschoner |
Ulrich Müther |
1920er |
RUGIA |
Greifswald |
Barkasse |
|
|
SEEFUCHS* |
Greifswald |
Hochseekutter |
Eignergemeinschaft |
1958 |
SOLVANG* |
Greifswald |
Schoner |
Solvang e.V. |
1930 |
STOLTERA |
Greifswald |
Yacht |
Jürgen E. Schmidt |
1938 |
STUBNITZ |
Stralsund |
Passagierschiff |
Sund- und Boddenreederei |
1900 |
VERTROUWEN* |
Dortmund |
Klipperaak |
ZWAR Dortmund e.V. |
1896 |
VORPOMMERN |
Greifswald |
Schoner |
Sozialarbeit in Vorpommern e.V. |
1950 |
VORWÄRTS |
Greifswald |
Kutter |
Rene Fait |
1938 |
WIKING |
Magdeburg |
Gaffelketsch |
Wiking e.V. |
|
ZWILLINGE |
Kappeln |
Dänische Jagt |
Ralf Wieners |
|
* = haben eigene Homepages!
Eine Foto-CD-ROM mit fast 400 Fotos kann man bestellen bei: juergen-eichardt@web.de oder Tel.: 0721-47040072.
Jürgen Eichardt
Bild-Texte (alle Fotos J. Eichardt):
Foto 01:
Blick über das Vorschiff der ehemaligen holländischen Fracht-Tjalk ONS GENOEGEN
(heute AENNA TE GONDERN), ein typisches Flachboden-Schiff. Im Hintergrund sieht
man den ehemaligen Dampf-Eisbrecher POMERIA, welcher heute als gemütliche
Gaststätte dient, empfehlenswert! Die AENNA steht übrigens zum Kauf aus!
Foto 02:
Die ALBATROS ist ein richtiges großes „Möbelstück“ mit Back und Poop; sehr
sauber gepflegt mit schönen Holzdecks. Sie diente ehemals als Frachtsegler ERNA
in Nord- und Ostsee. Ihr Rumpf wurde mehrfach verlängert, bis 1979 der alte
Zustand wieder hergestellt und das Schiff nach den Originalunterlagen zum Segler
(Zweimast-Schoner) mit 250 m² Segelfläche aufgeriggt. Der untere Block der
Besanschot vom hinteren Mast läuft bei einer Wende/Halse an einem bügelartigen
Leuwagen von einer Bordseite zur anderen.
Foto 03:
Eine Detailaufnahme vom Heck der ALFRED. Die schwere Talje, die man außenbords
erkennt, dient dem Aufholen des Bb.-Seitenschwerts. Das Schiff wurde nach
wechselvoller Geschichte vom jetzigen Eigner mühevoll restauriert. 2002 hatte
das Schiff einen Höhepunkt, als es die zwei neuen Glocken für die Kirche
Greifswald-Wiek nach dort transportierte.
Foto 04:
ANNA MARIA SOPHIA
un sin Kaptein.
Als der Seebär wenig später
in den Fahrstand gekrochen war, war “das Haus mit Mensch gefüllt”. Die
Seitenlaternen nicht viel größer als ein Marmeladenglas...
Foto 05:
Details, wie hier der Masttop von ANNA MARIA SOPHIA, verleiten immer wieder auf
den Auslöser zu drücken und begeistern jeden Schiffsmodellbauer...
Foto 06:
ANNA SUSANNA wurde 1939 als „Kriegsschiff“ zum Sprengen von Magnetgrundminen für
die deutsche Kriegsmarine gebaut. Ob es je zu einem Minenräumeinsatz gekommen
ist, konnte nicht festgestellt werden. Der Rumpf ist 10,50 m lang und es können
heute auf dem "Lustfahrzeug" 40 m² Segel gesetzt werden.
Foto 07:
Der ehemals spitzgatte, geklinkerte Rumpf von AVISO II war 8,10 m lang. Mit dem
Bugspriet ist die Ketsch heute 13,40 m lang und kann bis zu 60 m² Segel setzen.
Beim dritten Umbau erhielt das Boot 1982 ein Spiegelheck. Leider müssen die
Plichten der im Freien liegenden Boote am Liegeplatz in großen Teilen mit Planen
abgedeckt werden.
Foto 08:
BERTA, hier ein Archivfoto, war 1952 der letzte noch aktive Frachtsegler
Deutschlands! Nach ebenfalls abenteuerlicher Vergangenheit erhielt sie 1999 den
Preis für den bestrestaurierten Ewer. Beachtliche Segelfläche: 170 m². Auffällig
die großen Seitenschwerter.
Foto 09:
CHRISTIAN MÜTHER mit „Badegästen“ an Bord bei Fahrt Ryck abwärts in Richtung
Wieck. Im Hintergrund der Fangelturm als „Wahrzeichen“ des Stadthafens
Greifswald und Sitz des Museumshafen Greifswald e.V.. Mit dem Schiff werden
jährlich zahlreiche Segeltörns mit asthmakranken Kindern durchgeführt! Tjalken
müssen beim Segeln wegen dem platten Boden Seitenschwerter fahren.
Foto 10:
Vom Aussichtsturm an der „Utkieck“(Ausguck)-Gaststätte gelang mir diese schöne
Aufnahme auf das moderne Polizeiboot
DAMEROW auf dem Ryck-Strom. Von dort oben hat man nach der anderen
Seite eine herrliche Sicht über die Dänische Wieck und zum Greifswalder Bodden
hinaus.
Foto 11:
Seinen festen Liegeplatz in Wieck hat das kleinere Polizeiboot FREESENDORF.
Foto 12:
Einen jämmerlichen Eindruck hinterläßt die ehemalige Hafenbarkasse GOLEM.
Ehemals als Versatzboot für die Werft in Kiel gebaut, diente es u.a. auch als
„Vermessungsschiff“ beim SHD der DDR. Falls alte Bauunterlagen beschafft werden
können, plant man die Herstellung des Urzustandes dieses kleinen Bootes.
Foto 13:
HANNE MARIE ist ein richtig schöner Schoner, der sich offenbar noch fast im
Originalzustand befindet. Die Segelfläche des über alles 19,80 m langen Bootes
beträgt 140 m². Die Segel sind rotbraun und auch hier kann man als Mitsegler
einsteigen (www.hanne-marie.de).
Foto 14:
Weithin sichtbar: die beiden Rammpfosten vom Rammschiff HEIMKEHR. Als ich das
Schiff fotografierte, machten sich zwei Jungen den Spaß, am vorderen Pfosten
ganz nach oben zu klettern und von dort ins Hafenwasser zu springen, naja,
wahrscheinlich antiautoritäre Erziehung genossen...
Foto 15:
Gehört zwar nicht zu den Museumsschiffen: ich habe die OLD LADY, eine auf modern
(Wohnlichkeit) getrimmte, zweimastige Fischerzeese mit rundem Heck (realitv
selten!) dennoch fotografiert. Hier befinden wir uns unterhalb der Klappbrücke
in Wieck. Auf der gegenüberliegenden Ryck-Seite sieht man das SSS GREIF und
dahinter das Gebäude der ehemaligen GST-Seesportschule.
Foto 16:
Auf diesem Foto von der aufgeslippten VORWÄRTS sieht man, in welchem
erbärmlichen Zustand sich die Boote vor der Restaurierung befinden. Vor Beginn
der Arbeiten kann man kaum feststellen, in welchem Umfang Teile erneuert und
ausgewechselt werden müssen. Oft hilft nur noch Freiwilligkeit, weil der
Geldbeutel längst leer ist!
Foto 17:
Der „Fleischdampfer“ STUBNITZ durchfährt die geöffnete Klappbrücke, Baujahr
1887, in Wieck. Weil wochentags, ist das Ausflugsschiff fast leer, was der
Stimmung des „Kapitäns aus Leidenschaft“ keinen Abbruch tut.
Foto 18:
Gediegene Möbel im „Salon“ der STUBNITZ. Die stilvolle Einrichtung ist der
Ehefrau des Kapitäns (vorn links mit Bart) zu verdanken; gut für Familien- und
Betriebsfeiern.
Foto 19:
Ein unbekannter Gast, eine herrliche als Schoner getakelte Jacht, verläßt den
Ryck-Strom in Richtung Bodden.
Foto 20:
Der ehemalige Eisbrecher POMERIA, heute Gaststätte und – wie überall in
Greifswald und Umgebung – mit guten, preiswerten Fischgerichten! Drüben sieht
man die Silhouette von Greifswald.
Foto 21:
Gibt es Schöneres als lackiertes Holz? Zeese POMMERLAND mit Rundgatt-Heck. Auch
bei diesem Boot wurde für Freizeitzwecke nachträglich ein Deck mit schöner
Fischung eingebaut. Private Initiativen und Sponsoren waren nötig, um auch
dieses Boot aufwendig zu erneuern.
Foto 22:
Bei der einmastigen 5-Tonnen-Yacht REMAVAL kann man die Messing-Nieten der
Beplankung zählen. Das Boot trägt nur wenige Zugeständnisse an die Moderne.
Foto 23:
Für mich war der alte Lotsenschoner RUDEN eines der schönsten
Ausstellungsobjekte im Stadthafen: nicht zu aufgeräumt, wenig Modernes, keine
schreienden Farben.
Foto 24:
Detailansicht auf den Heckbereich von RUDEN. Die Nagelbretter sind an die Wanten
angebunden.
Foto 25:
SEEDÜWEL: ein zum Freizeitboot umgebauter Fischkutter. Auch hier erkennt man
einen Leuwagen (das Edelstahl-Rohr in der Bildmitte) für die Großsegel-Schot.
Foto 26:
Der aus DDR-Zeiten stammende 26-m-Stahlkutter SEEFUCHS (ex SAS-316) dient heute
als archäologisches Forschungsschiff. Das Ex-Fischereifahrzeug befindet sich
nahezu im Originalzustand – bis auf den knallroten Anstrich. Den Link zur
Homepage der SEEFUCHS habe ich wieder gelöscht. Eben habe ich erfahren, daß auch
dieses Schiff eine unrühmliche Rolle im "Flüchtlings"-Schlepper-Dienst ausführt.
Foto 27:
Mit 32 m Länge über alles ist SOLVANG ein ausgewachsener 2-Mast-Gaffelschoner (www.solvang.de).
Die Segelfläche beträgt immerhin 340 m², sie verdrängt 150 t und ist unter
Segeln 6 – 8 kn schnell (langsam?).
Foto 28:
Auf dem Plattbodenschiff VERTROUWEN (Vertrauen?) kann man ebenfalls „Lustfahrten
in See“ als Mitsegler buchen. Auf dem Foto wartet das 19,80 m lange Schiff
zusammen mit weiteren Sportbooten die Öffnung der Wiecker Klappbrücke (immer zur
vollen Stunde) ab.
Foto 29:
Eines der Museumsschiffe quert die geöffnete Klappbrücke, welche die Ortteile
Wieck und Eldena verbindet. Auszug aus der Gebührenordnung (noch bis 1939
gültig!) zum Überqueren der Brücke: Fußgänger = 5 Pfennige, Reiter = 20
Pfennige, Gänse (15 Stück) = 15 Pfennige…
Foto 30:
Detailaufnahme vom Brückenhaus der WIKING (ein umgebauter ehemaliger
Fischkutter).
Bild 31:
Meine Skizze vom Besanewer ALFRED von 1913. Die kleinen Kreise in den Segeln
sind die jeweiligen Segelschwerpunkte. Aus all diesen errechnet sich aus den
Lagen (Höhen und Längslagen) und der Größen der betreffenden Segel in m² der
Gesamt-Segelschwerpunkt. Dieser sollte bei einem Segelschiff möglichst
geringfügig vor dem sog. Lateral-Schwerpunkt liegen. Der Lateral-Schwerpunkt ist
die Mitte der Fläche vom Unterwasserschiff ohne die Ruderfläche, in dem Fall die
schwarze Fläche. ALFRED hat offenbar ein Hilfs-Motörchen und Seitenschwerter und
in der Stagfock und beim Großsegel zwei Reffs.