9-m-Motorbeiboot der Bundesmarine

9-m-motorlaunch of the "Bundesmarine"

Planausschnitt / plan section

Die MELLON im Tirpitzhafen Kiel als Sportsegelboot aufgetakelt.

Weitere Informationen zu den beiden sorgfältig gepflegten Segelkuttern (MELLON und KEULE) der RK Marine Kiel finden Sie auf der Homepage:

www.rk-marine-kiel.de

Bei der „Kieler Woche 2006“ hatte ich im Tirpitz-Hafen von Kiel (Stützpunkt der Deutschen Marine) die Gelegenheit, ein 9-m-Motorbeiboot aus nächster Nähe zu fotografieren, welches auf etlichen Kampfschiff-Einheiten der Bundesmarine (BM) gefahren wurde. Das Boot war hier als Sportboot aufgetakelt und hatte einen Farbanstrich, wie er bei der Bundesmarine nicht benutzt wurde. Am Bug war zusätzlich eine Holztafel mit dem Namen MELLON angebracht. Der Typ des Beibootes, das auch mit zehn Riemen gerudert und mit einer zweimastigen Ketsch-Takelung gesegelt werden konnte, sah man in der Vergangenheit nach meinen Erkenntnissen auf folgenden BM-Klassen: FLETCHER-, HAMBURG-, LÜTJENS-, KÖLN-, BREMEN-, RHEIN-, MOSEL-, LAHN-, LÜNEBURG-, WESTERWALD- und ODIN-Klasse, auf den beiden aus US-Landungsschiffen zu Minenlegern umgebauten Booten BOTTROP und BOCHUM, auf den Minenlegern der SACHSENWALD-Klasse, auf den Spezialschiffen HANS BÜRKNER, EIDER, MÜNSTERLAND und EMS, auf dem Schulschiff DEUTSCHLAND und zeitweise auch auf den Umbau-Fregatten GRAF SPEE, HIPPER, SCHEER, GNEISENAU, RAULE und BROMMY – also in großen Stückzahlen, die Aufzählung kann unvollständig sein…

Man sollte wissen, daß es bei der Bundesmarine ein weiteres, ähnlich großes (zehn-riemiges) Beiboot gab. Dieses sieht man z.B. heute noch in zwei Exemplaren auf dem Segelschulschiff GORCH FOCK. Letzteres habe ich mir genau angesehen. Die Motorbeiboote haben eindeutig kein Kielschwert (Abtrift beim Segeln?)! Das in meiner Zeichnung vorgestellte Boot ist über etwa 24 Spanten aus Holz gebaut und krawelbeplankt. Weil ich keinen authentischen Linienriß hatte, habe ich mir die Mühe gemacht, die Rumpflinien mit Straklatten selbst zu straken. Der Spantenriß entspricht somit weitgehend der Wirklichkeit. An den Rumpfseiten sind unter den Längsduchten (a) offenbar Luftkästen eingebaut (Unsinkbarkeit des Bootes). Darauf liegen die fünf Querduchten als Sitze für die Rudergasten auf. Im Vorschiff gibt es eine kleine Vorpik, welche durch eine kleine Tür zugänglich ist (Schnitt B-B). An der Tür ist der Rettungsring gelagert. Der Hohlraum am Heck ist durch zwei Klappen (b) zugänglich. Der Dollbord ist an den Rumpfseiten mit einer halbrunden Gummileiste (c) geschützt. Im senkrecht stehenden Setzbord (d) sind die Dollen (e) eingesetzt. Wenn nicht gerudert wird, werden diese Öffnungen mit Steckblechen (f) verschlossen. Der Setzbord ist am Vor- und Achterschiff gerundet um das gesamte Boot geführt. Am Bug und an den Ecken des Spiegelhecks sind Fender angebracht. Damit der Feder um den Vorsteven herum gut sitzt, hat Letzterer eine gerundete Ausarbeitung (vgl. Schnitt A-A). Unter den beiden Verschlußdeckeln (g) befinden sich die Heißösen am Kiel zum Einhaken des Heißgeschirrs. An der Außenhaut erkennt man die zugehörigen Flacheisenbeschläge (h). In die vier Ösen (i) werden beim Aussetzen des Bootes kurze Stropps eingeschäkelt, damit das Boot bei diesem Manöver nicht seitlich wegkippen kann!

Etwa auf halber Bootslänge ist unter einer Blechabdeckung (j) der Bootsmotor eingebaut. Die Masten sind umlegbar; der vordere nach vorn und der hintere nach hinten. Dafür sind „Untermasten“ fest in den Rumpf eingelassen (vgl. Schnitte C-C und F-F). An deren Seiten erkennt man mehrere Belegklampen (k) für das Laufende Gut der Takelage. Belegklampen (l) und zwei Belegnägel (m) findet man auch auf der zweiten Ruderducht. Auf dieser Ducht sitzt zusätzlich mittig ein kleiner Kurbelspillkopf (n).

Der vordere Mast ist mit einem Stag nach vorn und durch zwei Wanten nach seitlich-hinten mit Spannschrauben verstagt. Am Bugstag wird die Stagfock mit den üblichen Legeln (Lögel) gefahren. Das Schothorn des Gaffelsegels ist an der Nock eines Baumes fest, welcher gerade so lang ist, daß er an den vorderen Wanten des hinteren Mastes vorbeischwenken kann. Oben ist das Gaffelsegel an einer sehr steil stehenden Gaffel fest. Das Vorderliek ist mit einer Reihleine am Mast angebunden. Dagegen wird das Gaffelliek frei gefahren. Die Höhe des Segelbaums kann mit der Baumdirk (o) eingestellt werden. Es ist fraglich und eher unwahrscheinlich, daß dieses Tau doppelt vorhanden ist. Der untere Taljenblock der Schot (p) ist an einem Auge (q) an einem Rutscher auf  einem Flacheisen (r) an der Vorderkante der ersten Ruderducht angeschäkelt. Dieser Rutscher gleitet beim Wenden auf die andere Bordseite (Leitwagen-Prinzip).

Der hintere Mast kann keinen Stag haben. Dafür hat er zwei Wanten (s) auch nach vorn. Am hinteren Mast gibt es keine Gaffel. Die Schot-Talje ist hier an einem echten Leitwagen (t), auch Leuwagen genannt, fest. Belegt wird die holende Part offensichtlich an den schrägstehenden Klampen (u) auf dem Heck. Beide Segelbäume und auch die Gaffel sind mit kleinen „Lümmellagern“ an den Hinterkanten der Masten fest.

Zur Bootausrüstung gehört ein kleiner Stockanker, welcher an Backbord gelagert ist. Außen am Setzbord der Backbord-Seite ist ein massiver Holzblock (v) angesetzt, der mit seiner mittigen Rille als „Schweinsrücken“ für die Ankerleine dient. Die Funktion des runden „Behälters“ an gleicher Stelle an Steuerbord ist unklar. Die insgesamt 11 Bootsriemen (einer als Ersatz!) sind an den senkrechten Wänden der Längsduchten gelagert (Schnitte A-A und K-K, an Bb. auch der Bootshaken) oder auf den Querduchten gezurrt. Auch die Rundhölzer der Takelage werden auf den Duchten gezurrt. Masten, Bäume und die Gaffen sind dabei natürlich voneinander gelöst.

Beim Schnitt A-A habe ich am Bug die Ausrüstung so dargestellt, wie das Boot ohne Segelausrüstung fährt. Es gibt hier einen kleinen Mast (w) mit „Dampferlichtern“ und einen kleinen, nach hinten offenen „Signalkorb“ (x). Falls ein Mann in diesem Korb stehen will, muß der Lichtermast natürlich entfernt sein. Ganz vorn kann noch ein kleiner „Göschstock“ (y) eingesteckt werden. (z) ist schließlich ein Kreuzpoller. Das Boot hat auch Seitenlaternen (etwas hinter Spant 9).

Ich habe die Zeichnung so ausführlich angelegt, weil ich auch zum Modellnachbau für ein richtig schönes kleines Segelschiff anregen möchte. Die Rumpflinien hatte ich, wie erwähnt, im Maßstab 1:10 gestrakt.

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