5,6-m-Motordingi (Kriegsmarine)
5,6-m-motor dinghy (Kriegsmarine)
Planausschnitt / plan section
Zur Zeit der Segelschiffe war ein Dingi meist ein kleines, relativ schlank gebautes, leichtes und meist spitzgattes Ruderboot. Später wurde stets das kleinste Ruder-Beiboot eines Kampfschiffes als Dingi bezeichnet. Es wurde oft nur von einem Mann gerudert. Heute gibt es verschiedene Formen von kleinen Segelbooten für den Seglernachwuchs, die als Dingis bezeichnet werden. Das Motordingi der deutschen Kriegsmarine hatte natürlich einen barkassenähnlichen, sehr völligen Rumpf. Gefahren wurde es überwiegend auf kleineren Kampfschiff-Einheiten wie Minensuchern usw.
Herr Peter Hurler hat mir vor einiger Zeit eine relativ einfache Zeichnungsunterlage von den Motordingis der Kriegsmarine als Kopie überlassen. Für diese Hilfe möchte ich mich wieder bei ihm bedanken. In der Kopie waren die wesentlichsten Teile des kleinen Bootes nur andeutungsweise dargestellt. Der zugehörige „Spantenriß“ war leider nur eine unstimmige Erfindung. Meine erste Arbeit war also wieder einmal das Ausstraken der Rumpflinien in einem möglichst großen Maßstab (M 1:10!). Erst danach konnte ich in der grundsätzlichen Arbeits-Reihenfolge: Mittellängsschnitt (Schnitt A-A), Querschnitte (C-C, D-D, E-E, F-F und G-G) alle anderen Zeichnungsteile stimmig und passend erarbeiten. Erschwert wurde die Arbeit dadurch, daß mir im Falle des 5,6-m-Motodingis nicht ein einziges Foto zur Verfügung stand. Bei meiner Rekonstruktion mußte ich mich also an die Üblichkeiten des deutschen Bootsbaus in der Zeit des Zweiten Weltkrieges halten. Eine gute Hilfe ist mir dabei immer wieder der sog. „Brix“. Das Buch „Bootsbau“ mit seinen 500 (!) Zeichnungen vom „Geheimen Admiralitätsrat“ A. Brix, dessen Reprint (von 1990) der 7. Auflage von 1929 ich besitze, kann man auch jedem Modellbauer empfehlen, der mehr über diese Boote wissen möchte und sie gut nachbauen will. Da sich beim Bau von Holzbooten - man kann fast sagen - über Jahrhunderte nicht viel verändert hat und sich zudem die Bauweisen von Land zu Land nur wenig unterscheiden, haben die Aussagen, Tabellen und Zeichnungen des Buches beinahe Allgemeingültigkeit.
Das Motordingi der Kriegsmarine war über die Steven 5,60 m lang. Mein Spantenriß zeigt die Spantlinien mit Beplankung, welche höchstwahrscheinlich in zwei Lagen diogonal-krawel ausgeführt war. Der Rumpf, welcher über etwa 18 Spanten gebaut war, war mit der Beplankung etwa 1,81 m breit; über die gerundeten Scheuerleisten etwa 4 cm breiter. Es ist müßig bei einem kleinen Boot einen „Tiefgang“ anzugeben, denn die Tauchtiefe ändert sich je nach Beladung und Trimm sehr schnell. Der Boden der Plicht liegt jedenfalls etwa 16 cm waagerecht unter der „KWL“ und ist mit herausnehmbaren Flurplatten ausgestattet. Die gesamte Plicht ist in Deckshöhe mit einem umlaufenden Setzbord (a) eingefaßt. An den Ecken ist dieser Setzbord gerundet ausgeführt. Auf halber Bootslänge gibt es ein „Querschott“, das den Passagierraum vom Motorraum trennt. Ersterer hat rundum mit Polsterkissen belegte Sitzbänke. Unter der vorderen Querbank ist der Treiböltank eingebaut. Die anderen Räume unter den Bänken dienen als Stauraum für Bootsausrüstungen usw. Es ist anzunehmen, daß man die hintere Querbank herausnehmen kann, um Reparaturen an der Ruderanlage durchführen zu können. Unter kleinen Deckeln (b) befinden sich die Heißösen zum Einhaken des Heißgeschirrs einer Davit-Anlage. Weil diese Heißösen am Bootskiel weit unter dem Gesamtschwerpunkt liegen, müssen in die vier Ösen (c) in dem Fall kurze Stropps geschäkelt werden, die ein Wegkippen des Bootes verhindern. Wird das Boot mit einem Kran ausgesetzt, so ist das Krangehänge nach den gestrichelten Linien (d) gespannt. Auch hier muß mit seitlichen Standern das Wegkippen verhindert werden. Aus der Zeichnung wird auch ersichtlich, warum die Abdeckung des Motors an der Vorderkante eine Abschrägung hat.
Eine winzige „Vorpiek“ von weniger als einen Meter Länge kann durch eine kleine Klappe (Schnitt C-C) erreicht werden. Der Bootsmotor, offenbar eine 2-Zylinder-Maschine, und das dahintersitzende Boots-Wendegetriebe (e) sind entsprechend der Propellerwelle schräg eingebaut. Der Motor kann nur mit einer Handkurbel (vgl. Schnitt D-D) gestartet werden. Von der hochliegenden Kurbelwelle zur weiter unten liegenden Motorwelle reicht ein Kettentrieb. Die Motorabdeckung kann durch zwei Klappdeckel geöffnet werden. Hinter dem Motorkasten und direkt über der gerundeten Abdeckung für die Schwungscheibe steht die Zweibein-Steuersäule. Das backbordseitige Standbein ist ein dickeres Rohr, in dessen Inneren die Ruderleitung (Kardanwelle) nach unterhalb der Flurplatten geführt wird. An der Steuerbordseite ragt neben dem Boots-Wendegetriebe der Kuppelhebel heraus. Das Ruder ist unten mit einer Ruderhacke gestützt. Diese ist gleichzeitig Schutz für den Propeller gegen Grundberührungen.
Der Bootssteuerer steht bei seinem Job. Er schaut dabei über die Abdeckplanen hinweg, die aus Persenning über beide Bootsräume aufgespannt werden können. Wie das aussieht, habe ich links unten dargestellt. Klappbügel, die bei Nichtgebrauch nach vorn umgelegt werden können, tragen die gestrichelt angedeuteten Persenninge.