88-mm-Zwillingsflak C/31

88-mm-twin-AA-gun C/31

Diese 88-mm-Zwillings-Flak-Waffenstände sind bei der deutschen Kriegsmarine besonders durch ihre Verwendung auf den sogenannten K-Kreuzern bekanntgeworden.

Planausschnitte / plan sections

Original-Fotos

Die offizielle Bezeichnung für diesen Waffenstand, die man auch auf allen zeitgenössischen Zeichnungen findet, lautet „8,8 cm S.K. C/31 in Dopp. L. C/31“. Das bedeutet, daß zwei Schnellfeuerkanonen (S.K.) der Konstruktion von 1931 mit einem Kaliber von 8,8 cm in eine Doppellafette (Dopp. L.) der Konstruktion von 1931 eingebaut (lafettiert) sind. Bei meinen Waffenbezeichnungen halte ich mich immer an die international üblichen Kaliberbezeichnungen in mm. Weil uns Modellbauer stets mehr das Erscheinungsbild des gesamten Waffenstandes interessiert - das ist auch in diesem Fall der Splitterschutz - habe ich im Zeichnungstitel die Bezeichnung C/31 gewählt. Dagegen ist das Aussehen der eingehängten Kanonen (ebenfalls mit der Bezeichnung C/31) eher zweitrangig.

Auf deutschen Kampfschiffen gab es vor dem hier vorgestellten Waffenstand bereits zwei 88-mm-Flak-Geschütze. Zum einen die 88-mm-Einzellafette C/13 (anfangs noch als Ballonabwehrkanone bezeichnet) mit sehr kurzem Lauf. Einige Kreuzer und Linienschiffe der Reichsmarine wurden damit ausgerüstet. Charakteristisch für diese Waffen waren die gerundeten und schrägen Splitterschutzkappen. Danach wurden 1925 die 88-mm-Doppellafetten C/25 entwickelt. Merkmal dieser Waffenstände und zugleich ihr „Todesurteil“ waren die mit großem Rohrabstand außen an den Lafetten angebrachten Waffen. Die Rohre waren sehr lang (75 Kaliber). Wegen des zu großen Rohrabstandes war eine Streuung, besonders bei geringen Rohrerhöhungen „vorprogrammiert“. Ab 1929 wurden diese Waffenstände auf den Kreuzern der K-Klasse eingebaut. Als Ersatz für diese unbefriedigenden Waffen wurde Ende der 20er-Jahre bei Rheinmetall die Schnellfeuerkanone C/31 und die zugehörige Doppellafette C/31 entwickelt. Wenig später gab es dann noch die ähnliche Kanone C/32. Die Lafetten C/31 wurden nachträglich zu drei Stück auf dem Panzerschiff DEUTSCHLAND und ADMIRAL SCHEER eingebaut und auch auf den Kreuzern KÖNIGSBERG, KARLSRUHE, KÖLN, LEIPZIG und NÜRNBERG sah man in der Folge 8,8-cm-Zwillinge dieser Bauform.

Mit der Lafettierung dieser Geschützstände war man offenbar sehr zufrieden, denn die später entwickelten 105-mm-Kanonen wurden praktischerweise so passend konstruiert, daß man sie in die gleichen 88-mm-Lafetten einbauen konnte (Beispiel: 10,5 cm S.K. C/33 in 8,8 cm Dopp. L. C/31). Auch als man noch etwas später für die 105-mm-Zwillinge eigene Lafetten baute, behielt man die Grundform bei.

Der Waffenstand stellt in seinem mechanischen Grundaufbau eine Vergrößerung der 37-mm-Doppellafette C/30 (vgl. MODELLWERFT Heft 11/2005) dar. Der Ständer (1) trägt oben in zwei parallelen, in Schußrichtung liegenden und waagerechten Achsen die beiden Wiegenträger (a). Diese Wiegenträger können nach beiden Seiten bis maximal 17° geschwenkt werden (so dargestellt beim Schnitt B-B). Mit diesem Schwenken wird es möglich, die Schiffsbewegungen so auszugleichen, daß die Achsen der Schildzapfen (b, Schnitt F-F) immer in horizontaler Lage sind. Man nennt das Kanten der Waffen, die gesamte zugehörige Mechanik Kanteinrichtung und den Mann, der diese Einrichtung bedient, den Kantschützen. Damit beide Waffen gleich kanten, sind sie an der Vorderseite des Ständers mittels zweier Hebelarme (c) und einer Kuppelstange (d) verbunden. Der Schnitt B-B, in dem eine maximale Kantung nach links dargestellt ist, vermittelt einen etwas falschen Eindruck. Eigentlich hätte ich die Hebel (c) senkrecht und die Mittelachse des Ständers 17° dagegen schräg zeichnen sollen.

 

Zwischen den Kantachsen liegt mittig und auf gleicher Höhe die Horizontierachse (e). An dieser Achse hängen in zwei Nadellagern an der vorderen Fläche (f) alle Richtantriebe, die Zieloptiken, die Sitze für die Richt- und den Kantschützen und der vordere Teil des schweren (5,83 t) Splitterschutzes. Der hintere Teil des Splitterschutzes hängt mit einem Querbügel (g) am kleineren hinteren Lager (h). Den Schwenkmotor am Ständer habe ich mit (a´) bezeichnet. Das Ritzel der Kantmaschine erwirkt das Kanten am Zahnbogen (j).

 

Die Höhenricht-Zahnbogen (2) sitzen im Gegensatz zum 37-mm-Zwilling hier außen an den Wiegenträgern (links beim Schnitt B-B). Sie sind spiegelbildlich ausgeführt und die „Erleichterungs-Ausfräsungen“ zeigen nach innen. Auf Fotos kann man erkennen, daß es auch Zahnbogen mit ganz durchbrochenen Flächen gibt. Angetrieben werden die Zahnbogen von den Höhenricht-Ritzeln (k). Die Ritzel sind per Getriebe so miteinander verbunden, daß beide Rohre stets die gleiche Erhöhung erhalten. Der Höhenrichtbereich wird von je zwei gefederten Hartanschlägen (l) begrenzt. Mit ihren Stößeln stoßen sie an den Anschlägen (m) an.

 

Die maximale Depression der Waffen beträgt -10°. Aus diesem Grund ist der vordere Teil vom Splitterschutz mit zwei gerundeten, schräg liegenden Mulden gestaltet (vgl. Ansicht K). Zwischen diesen Mulden gibt es eine nach oben gerundete Fläche. Darunter befindet sich z.B. der Kopf des mittig sitzenden Kantschützen. Seine Kantoptik hat ein kleines rundes Fenster nach vorn und zwei seitliche Fenster. Er hat also die Möglichkeit, mit Blick nach vorn seinen Waffenstand waagerecht zu halten oder auch durch die Seitenfenster den Horizont auf einer bestimmten Höhe zu halten. Die beiden Richtschützen sitzen seitlich daneben. Ihre Richtoptiken ragen innerhalb zweier Kuppeln (n) aus dem Splitterschutz heraus. Der Höhen-Richtschütze - die sogenannte Höhennummer - sitzt rechts und die Seitennummer links.

 

Die Schildzapfenlager (o) ragen an den Wiegenträgern weit nach hinten heraus. Das ist nötig, damit die Waffen auf höchste Elevation von 80° gekurbelt werden können, wie in der Seitenansicht auf Blatt 2 dargestellt. Nur so stoßen die massiven Bodenstücke der Rohre nicht am Ständer an. Der Rohrrücklauf ist bei 80° Rohrerhöhung mit 300 mm am größten. Gestrichelt habe ich ihn in der Seitenansicht mit dargestellt (o´). Weder bei den großen Rohrerhöhungen noch bei Depressionslagen ist das Nachladen der Waffen mit den 1228 mm langen und fast 19 kg schweren Patronen (vgl. rechts neben dem „Maßstabsmann“) von Hand möglich. Für das Nachladen müssen die Rohre in eine relativ bequeme Schräglage gefahren werden. Ein Lademotor (p) unter einer Blechabdeckung treibt über eine Zwischenwelle (q) Gummiwalzen im Bodenstück. Diese ziehen die schweren Patronen sehr schnell in den Ladungsraum hinein. Die Waffen haben einen Fallblockverschluß und können übrigens an beiden Seiten eingebaut werden, es also gibt keine linken oder rechten Ausführungen. Alle Bedienelemente am Bodenstück können auf die jeweils außen liegende Seite gewechselt werden. Unter den Blechabdeckungen befinden sich mittig die Rücklaufbremse (r) und die je zwei Federvorholer (s).

Die Schildzapfen (b) sind auf der Länge der Waffe so angebracht, daß diese ausgewogen in den Schildzapfenlagern liegt. Federausgleicher sind daher nicht nötig. Jeder Lauf hat 28 Züge mit ansteigendem Drall. Die Drehbewegung des Geschosses wird also auf dem Weg durch den Lauf noch beschleunigt. Der gezogene Teil ist 5422 mm lang, damit sind die Rohre fast 62 Kaliber lang (5421 : 88 = 61,6). Diese große Rohrlänge verleiht den 9 kg schweren Geschossen eine enorme Anfangsgeschwindigkeit von 1060 m/s, das entspricht einer Mündungswucht von 516 mt. Entsprechend hoch sind die ballistischen Werte, Schußweite bei 45° Rohrerhöhung: fast 17,8 km und Gipfelhöhe bei 80°: 13,3 km. Noch einige weitere interessante Zahlenangaben zum Vergleich mit anderen Fla-Waffen:

- Rohrrücklauf: 175 bis maximal 350 mm

- Rückstoßkraft: 17 t

- Bestreichungswinkel : nach jeder Seite 360°

- Rohrgewicht je Rohr: 4250 kg

- Gesamtgewicht: 24,6 t

Die Waffen können von einem zentralen Leitstand oder am Geschütz selbst abgefeuert werden. Sie können einzeln oder zusammen schießen. Das Richten erfolgt in der Regel elektromechanisch oder (im Notfall und kaum effektiv, weil viel zu langsam!) auch an Hand. Im Geschütz sitzen 5 Mann „Besatzung“, hinter dem Geschütz stehen der Geschützführer und mehrere „Ladenummern“. Unter diesen ungeschützten Mannschaften gab es im Krieg die größten Verluste…

Für meine Zeichnungen hatte ich recht gute (Zeichnungs-)Unterlagen. Fotos waren, wie so oft, kaum vorhanden. Daher habe ich auch die Inneneinrichtung mit abgenommenen Seitenwänden als Ansichten mit dargestellt, obwohl sie für den Modellbau fast bedeutungslos sind. Diese Inneneinrichtung wird nur sichtbar, wenn man am Modell die seitlichen Türen offen darstellt. Dagegen kann man von hinten weit in den offenen Splitterschutz mit seinen Plattformen (Schnitt G-G), Geräten (Ansichten H und J) und Verspantungen hineinsehen. An der schrägen Vorder- und an Seitenwänden sind Stage (t) aus Rundstangen angebracht. Hieran können die Abdeckpersenninge bei Hafenbetrieb gezurrt werden. Zur Entlastung der Richtgetriebe bei Seegang werden die Waffen in Ruhestellung mit Zugankern (Ansicht N) und Gegenstützen (Ansicht M) gegen das Deck gezurrt.

Eine sehr gute Webseite, auf der man sich umfassend über Schiffswaffen informieren kann ist: www.navweaps.com

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