30-mm-Flak-Automat AK230

30-mm-AA-gun (twin mounts)

Planausschnitt / plan section

Ein AK230-Automat auf dem Backdeck eines polnischen U-Jägers der OBLUZE-Klasse

30-mm-Flak-Automat AK-230

Schon wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Luftstreitkräfte der Welt mehr und mehr mit düsengetriebenen Kampfflugzeugen ausgerüstet. Die Fluggeschwindigkeiten erreichten neue Dimensionen. Mit den bisher handgesteuerten Fla-Geschützen an Bord der Kampfschiffe waren die nötigen Richtgeschwindigkeiten nicht zu erreichen. Deshalb wurden bei den wichtigen Marinen radargelenkte Schiffsgeschütze entwickelt. Man betrieb die bereits bei den großen Marinen (US-Navy, Royal Navy, Japan) im Weltkriege begonnene Entwicklung weiter.

Auch die Marine der Sowjetunion mauserte sich in dieser Zeit von einer Randmeer- zu einer Ozeanmarine. Über Jahrzehnte war die 1952 eingeführte 25-mm-Zwillingsflak 2M-3 mit den beiden übereinander angeordneten Waffen der Standardwaffenstand für leichtes Kaliber bei den Marinen des Warschauer Vertrages. Der einzelne Schießer in dieser Waffe richtete die gekoppelten Rohre mit einem elektrohydraulischen Antrieb. Für den Fall des Ausfalls dieses Antriebes waren handbetriebene Höhen- und Seitenrichtmaschinen vorhanden, mit denen es jedoch äußerst schwierig war, ein schnell überfliegendes Flugzeug zu verfolgen.

Die hier vorgestellte Waffe mit der Bezeichnung AK 230 erschien ab etwa 1959 (Entwicklung ab 1950) als Nachfolger der oben erwähnten 25-mm-Waffe auf kleineren bis mittleren Kampfschiffen bis Kreuzergröße. Erprobungsträger waren Boote der OSA- und SHERSHEN-Klassen. Etwa 1450 Geschützstände wurden seither in der Sowjetunion hergestellt. Der unbemannte, stabilisierte und gekapselte 30-mm-Automat war demzufolge weit verbreitet, auch z.B. bei der finnischen Marine und wurde später in China als verbesserter Typ 69 unter Lizenz mit einer Stückzahl von 300 nachgebaut. Die Rohre der beiden Revolverkanonen mit der Bezeichnung NN30 waren flüssigkeitsgekühlt, 156 kg schwer, 63 Kaliber (30 mm x 63 = 1890 mm) lang und hatten zwölf Züge. Im Innern des kuppelförmigen Oberteils hatten sie Revolver mit je vier rotierenden Verschlüssen. Diese Ausführung wurde am Ende des Zweiten Weltkrieges von der deutschen Firma Mauser in Oberndorf am Neckar entwickelt, um die Kadenz (Schußfolge pro Rohr), die anders nicht mehr zu steigern war, zu erhöhen. Die Patronen werden in den vier Kammern getrennt abgefeuert, die Geschosse gehen jedoch durch das gleiche Rohr, welches sich demzufolge schnell erhitzt. Weil aber wegen der Radarlenkung heute fast jeder Schuß „sitzt“, genügt es, nur sehr kurze sog. Feuerstöße abzugeben.

Die Patronen (je nach Schiffsgröße 500 bis 2.000 Schuß Vorrat pro Waffenstand) hatten ein Gesamtgewicht von 1.066 Gramm. Der Gasdruck in den Rohren betrug 3.100 kg/cm². Die 360 Gramm schweren und 120 bis 129 mm langen Geschosse verließen die Rohrmündungen mit einer hohen Mündungsgeschwindigkeit von 1.050 m/sec. Die theoretische Feuergeschwindigkeit lag bei 1.050 Schuss/min/Rohr; die praktische aber bei 200 bis 250 Schuss/min/Rohr. Die Schußweite gegen Luftziele betrug 4.000 m und gegen Seeziele 6.500 m. Der Höhenrichtbereich ist von -12° bis +87° angegeben. Die Richtgeschwindigkeiten betragen 35°/sec für der Drehen und 24°/sec für die Höhenrichtung. Der gesamte Waffenstand einschließlich der Munition wiegt 1.905 kg (Typ A, 220-V-Bordnetz) bzw. 1.857 kg für den Typ B (380-V-Bordnetz). Im konischen Sockel ist die Patronen-Nachführeinrichtung eingebaut. Das Magazin befindet sich in einen voluminösen Behälter darunter. Steht die Waffe auf einem Deck, so ist unterhalb des konischen Sockels ein weiterer flacher Sockel mit einer waagerechten Oberkante auf das Deck geschweißt, der immer die Balkenbucht und den Deckssprung an der betreffenden Stelle ausgleicht.

Die eigentliche Verwendung der AK-230 (Weiterentwicklung AK-230M als schwach magnetische Version) ist die einer Flugzeugabwehr-Kanone. Auf kleineren Kampfschiffen dient sie jedoch in Ermangelung anderer Rohrwaffen auch für die Bekämpfung von Seezielen. Im Normalfall werden die beiden Waffen von einem Feuerleitradar Typ „PUS M-104 RYS“ (NATO-Codebezeichnung „Drum Tilt“), mit dem charakteristisch schrägsitzenden Radom, gelenkt. Bei Ausfall dieser Radaranlage kann auch über eine optische Richtsäule „Kolonka I“ geschossen werden. Oftmals, besonders bei kleineren Einheiten, war das „Drum Tilt“ auch nicht an Bord installiert oder – eine dritte Möglichkeit – der 30-mm-Automat wurde über eine andere Radaranlage gelenkt.

Für die chinesische Marine wurde eine modifizierte AK-230 als „Typ 69“ produziert. Dieser Waffenstand wurde soweit verbessert, daß das Oberteil mit 70°/sec dreht und die Höhenrichtung schon 50°/sec. erreicht. Das Totalgewicht sank allerdings auf 1.800 kg.

Zu sehen war der AK-230-Automat auf diversen Kampfschiffstypen (Anzahl der Waffenstände): indische Fregatten der GODAVARI-Klasse (4), jugoslawische Fregatten der KOTOR-Klasse (2), nordkoreanische Fregatten NAJIN-Klasse (2), SU-Raketenschnellboote der OSA-Klasse (2), SU-U-Jäger der STENKA-Klasse (2), SU-TS-Boote der SHERSHEN-Klasse (2), SU-Minensucher der ZHENYA-Klasse (1), SU-Minensucher der NATYA-Klasse (2), SU-Minensucher der YURKA-Klasse (2), SU-Minensucher der SONYA-Klasse (1), SU-Minensucher der VANYA-Klasse (1), SU-Landungsschiffe der POLNOCNY A-Klasse (2), SU Landungsschiffe der POLNOCNY B-Klasse (2 oder 4), SU-Luftkissen-Landungsschiffe der AIST-Klasse (2), drei SU-Schulschiffe Projekt 887 (2), SU-Schulschiffe der VODNIK-Klasse (2), SU-Bergungsschiffe der SORUM-Klasse (2), SU-Fregatten der KONI-Klasse (2), SU-Kreuzer der SVERDLOW-Klasse (8 nachgerüstet), SU-U-Jagd-Kreuzer der MOSKWA-Klasse (2), finnische Patrouillenboote der TUULI-Klasse (2), finnischer Minenleger KEIHÄSSALMI (2), rumänischer Minenleger MIDIA (2), rumänische Minensucher der MUSCA-Klasse (2), chinesische Raketenschnellboote der HOUJIAN-Klasse (2), chinesische Patrouillenboote der HAIJUI-Klasse (2), SU-Zerstörer der KANIN-Klasse (4), SU-Zerstörer der KOTLIN-Klasse (4 nachgerüstet), SU-Zerstörer der KASHIN-Klasse (4), VM-U-Jäger der PARCHIM-Klasse (1), VM-U-Jäger der HAI-Klasse (2), VM-Landungsschiffe der FROSCH-Klasse (2), polnische U-Jäger der OBLUZE-Klasse (1 oder 2), polnische TS-Boote der WISLA-Klasse (1)…

Den Waffenstand AK-230 sollte man nicht mit dem sehr ähnlich aussehenden und etwa gleichgroßen Nachfolge-Stand AK-630 verwechseln. Bei AK-630 sieht man nur ein relativ dickes „Rohr“, welches beim Schießen tatsächlich sechs rotierende Rohre sind (Gatling-Prinzip). Auch sind hier die Kanten der Kuppelhaube mehr „rundgelutscht“. Zu erwähnen ist noch, daß es seit 1980 mit AK-306 eine kleinere Version gibt, die jedoch nur optisch gelenkt werden kann und für kleinere Kampfschiffe entwickelt wurde.

Jürgen Eichardt

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