Marine-Leichtgeschütz MLG27

AA-gun MLG27

Planausschnitt / plan section

zwei Originalfotos

Marine-Leichtgeschütz MLG 27

In den späten 1960er-Jahren wurde bei der Firma Mauser für das Mehrzweck-Kampfflugzeug „Tornado“ eine Revolver-Kanone mit der Bezeichnung BK27 (Bordkanone mit Kaliber 27 mm) entwickelt. Verwendung fand diese einläufige Waffe mit Fünfkammer-Trommel später bei mehreren Typen von Kampfflugzeugen (Tornado, Alpha Jet, Saab 39 und beim Eurofighter). Gatling-Kanonen erreichen bei kurzen Feuerstößen nicht die Kadenz wie Trommel-Waffen, weil deren Laufbündel erst auf Drehzahl gebracht werden müssen. Die BK27 hatte eine Kadenz von 1.700 Schuss/min bei einer Mündungsgeschwindigkeit (Vo) von 1.025 m/sec, die Geschosse wogen 260 Gramm. Weltweit sind über 3.000 BK27 im Einsatz.

Auf der Grundlage der BK27 wird bei Rheinmetall (heute Teil von Mauser) das mittelkalibrige Marine-Leicht-Geschütz 27 (MLG 27) als im Moment modernste Rohrwaffe seiner Art seit etwa 2003 hergestellt. Das Funktionsprinzip ist ein Gasdrucklader. Ungepanzerte oder leicht gepanzerte See- und Landziele, Flugkörper und Flugzeuge (Dreh- und Starrflügler) können mit der fernbedienten Waffe bekämpft werden. Zur Abwehr von Terroristen-Schnellbooten ist die Waffe besonders geeignet. Der Einbau des Waffenstandes erfordert keine Decksdurchbrüche. Deshalb war es z.B. einfach, MLG 27 nachträglich bei den Minenjägern der FRANKENTHAL-Klasse (Klasse 332) an Stelle der ursprünglichen 40-mm-BOFORS L/70 einzurüsten. Zur Zielverfolgung und Lenkung der Waffe dienen als Sensoren (Optronik) eine TV-Kamera und ein Wärmebildgerät (Infrarot-Kamera), die in einem Gehäuse an der linken Waffenseite eingebaut sind. Zusammen mit einem Laser-Entfernungsmesser ist die wahlweise manuell und automatisch betriebene Waffe somit allwetterfähig. Der Einbauort an Bord kann durch die kompakte Bauweise sehr flexibel gewählt werden. Auf der rechten Seite ist am „Schildzapfen“ der Munitionskasten angehängt. Dieser schwenkt mit der Waffe mit, was zu einer besonders sicheren Gurtführung beiträgt.

Inzwischen findet man MLG 27 neben den erwähnten Booten der Klasse 332 auch als Sekundärbewaffnung auf den Fregatten der Klassen F 122, F 123 und F 124, auf den K 130-Korvetten und auf den Einsatzgruppen-Versorgern. Auch die Klasse F 125 soll diese Waffenstände bekommen. Mit MLG 27 kann die ebenfalls von Rheinmetall entwickelte FAPDS-Munition (Frangible Armour Piercing Discarding Sabot) verschossen werden. Das „Wuchtgeschoss“ hat hierbei weder Sprengstoff noch Zünder. Die hohe Mündungsgeschwindigkeit (Vo) von 1.100 m/sec (teilweise bis 1.400 m/sec!) ermöglicht sehr kurze Geschoss-Flugzeiten (nur 0,98 sec bei 1 km Zielentfernung oder 2,14 sec bei 2 km) bei gestreckter Flugbahn und damit eine einfache Feuerleitrechnung. Das Ergebnis ist eine noch höhere Trefferwahrscheinlichkeit. Der Schwermetallkern des Geschosses zerbricht beim Auftreffen in zahlreiche Teile (Kaskadeneffekt). Das Geschütz wiegt nur 850 kg und hat eine Reichweite von 4.000 m (Seeziel) oder 2.500 m (Luftziel). Die Kadenz beträgt 1.700 Schuss/min (theoretische Feuergeschwindigkeit). Der Höhenrichtbereich geht von -15° bis (nur) +60°; der Seitenrichtbereich beträgt bis zu 2 x 170°. Die Patronen sind 243 mm lang und wiegen je knapp 500 Gramm (das Geschoss 180 Gramm).

Für ein besseres Verständnis des relativ einfachen Waffenstandes habe ich diesen in mehreren Haupt-Baugruppen dargestellt: die Lafette (1), den Behälter mit der Optronik (2), die Munitionskiste (3), den Gurtbalg (4) und das Waffengehäuse mit der Waffe (5). Schon an der Schräge (b) lässt sich die beschränkte Elevation von nur 60° erkennen. Der Seitenrichtbereich wird mit verstellbaren Anschlägen (c) eingestellt. Beim Schnitt D – D ist dieser Bereich nur je (a) groß. Die Höhenrichtung wird bei dieser Waffe nicht mit dem üblichen Zahnsegment ausgeführt, sondern im rechten Teil des Lafetten-Gehäuses befindet sich eine von einem Stellmotor angetriebene Zahnstange (Abb. 1). Die Kabelzuführungen sind an Bord in der Regel von einer Blechhaube (d) verdeckt. Beim Optronik-Behälter ist der Scheibenwischer-Motor unter einer Abdeckung (e) eingebaut. Der Deckel der Munitionskiste (f) hat hinten eine Auflage (g), auf welcher der gewölbte Gurtbalg aufliegt. Der eigentliche Gurtkasten (h) ist von unten eingeschnappt. Im Innern des Gurtbalges befindet sich die eigentliche Stahl-Gurtführung. Das Waffengehäuse hat rundum gerundete Kanten und die obere Fläche ist flach-dachförmig (vgl. die Schnitte). Mit einem Griff (j) kann der Deckel vom Waffengehäuse nach vorn bis zu einer Raste (k) aufgeklappt werden. Nur aus der Sicht des Modellbauers habe ich die konische Rohrummantelung (l) im Schnitt M – M und L – L als „voll“ dargestellt. Tatsächlich befindet sich im achtkantigen, hohlen (vgl. Schnitt L – L und Ansicht R) Rohrmantel das dünnere Kanonenrohr. Das gleiche trifft auf die Schnitte N – N bis P – P zu. Von Gummiklemmen (m) wird der Gehäuse-Deckel geschlossen gehalten.

Jürgen Eichardt

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