Kniehebel-Presse

Bei „hoch angesiedeltem“ Modellbau hat man es auch mit Prägen (Gummikissen-Prägen und -Schneiden, Prägen von bestimmten Profilen usw.) und Stanzen zu tun (vgl. hier und hier). In einfachster Form kann man für die Erzeugung der nötigen Druckkraft den Schraubstock verwenden. Der Nachteil: wegen der senkrechten Backen fällt alles nach unten heraus. Auch das Drücken mit der Pinole der Drehmaschine oder der Bohrpinole der Fräsmaschine (Ständerbohrmaschine) sind nicht sehr ideal und nur als Behelf zu betrachten. Diese Maschinenteile sind nicht für hohe Beanspruchungen vorgesehen und dürfen nicht überlastet werden.

Besser ist es, wenn man eine kleine Presse hat. Viele Jahre habe ich eine kleine Spindelpresse (Foto 1 ) benutzt. Durch das mehrgängige Steilgewinde entwickelt eine solche Presse keine sehr großen Kräfte, doch der Hub ist recht groß. Weil ich bei meinem Modellbau besonders in letzter Zeit für eine hohe Qualität oft Prägewerkzeuge anfertige, habe ich mir jetzt eine Kniehebel-Presse gebaut, welche durch die Möglichkeit den Druckpunkt beim letzten Strecken des Knies fein einzustellen zu können, eine enorm hohe Druckkraft entwickelt.

Der Aufbau ist sehr einfach und läßt sich mit einer Dreh- und Fräsmaschine ausführen. Ich möchte erwähnen, daß die hier angegebenen Maße selbstverständlich geändert oder auch für eine andere Größe um einen Faktor verkleinert bzw. vergrößert werden können. Im Baumarkt habe ich für die beiden 288 mm langen Ständer (17 in Foto 2 ) ein 1 Meter langes 20x20-mm-Vierkantrohr mit gerundeten Kanten gekauft. Die Wandstärke beträgt 1,5 mm, das reicht für diesen Zweck. Die Ständer (17) müssen exakt winklig auf Länge plangefräst oder besser in einem Vierbackenfutter plangedreht werden. Davon ist der senkrechte Stand dieser Teile abhängig. Für diese beiden Teile habe ich keine Zeichnung angefertigt. Die Zentrierscheiben (1, 2 ) sollen recht gut rundlaufen, vor allem der Planlauf soll gut sein. Die Ø 16,8 passen locker in die auch innen entgrateten Vierkantrohre (17). Der Zuganker (3) nimmt die volle Last beim Pressen auf. Deshalb hat er diesen möglichst großen Durchmesser. Die Gewinde können auch Normalgewinde M14 oder M14x1,5 sein. Auf dem M8-Anker (4 ) steht keine Zugkraft, er zentriert nur den hinteren Ständer. Auf diesem Ständer steht bei der Arbeit mit der Presse Druck.

Die Ø 14,2 und 20 bei der Lagerbuchse (5) sollten in einer Einspannung gedreht werden. Das Rohmaterialstück sollte daher wenigstens 5 mm länger abgesägt sein. Die Feingewinde M14x1 bei den Muttern (6) sind für ein besseres Justieren der Presse vorteilhaft. Auch das Gegenlager (7 ) soll dieses Feingewinde haben. Die 8-mm-Bohrungen in den Teilen (7), (8 ), (9 ) und (11 ) sollten für die Achsen (10) H7-gerieben sein. Die Teile (8) und (11) erhalten M3-Bohrungen für M3-Gewindestifte, welche die Achsen (10) und den Handhebel (16 ) festhalten. Die drei 7,9 mm breiten Fahnen an den Teilen (8) und (11) sollen leichtgängig in die Gegenstücke passen. Bei (7) würde ich zuerst das Feingewinde nur anschneiden, dann bei Spannung auf den Ø14 die beiden 4 mm breiten Fahnen am anderen Ende und die Rundung R8 fräsen und erst danach das Feingewinde fertigschneiden.

Die Pinole (11) erhält unten eine 10H7-Bohrung zur Aufnahme der späteren Werkzeugzapfen. Dieses Ende wird vierfach geschlitzt (gut entgraten). So kann der 10-mm-Werkzeugzapfen mit einem Klemmring (15) und seinen vier M4-Gewindestiften geklemmt werden. Die Rundungen R8 an den Teilen 7, 8, 9 und 11 kann man sehr schön auf einem Rundtisch fräsen, mit einem Senkrecht-Teilgerät (Spanndorn für die 8-mm-Bohrung) auch in Stufen vorfräsen und danach mit der Feile fertig verrunden. Die aufwendigste Art wäre es, diese Rundungen ganz zu feilen. Dazu dreht man sich eine Ø16-Anreißscheibe, welche mit einem Zapfen in die 8-mm-Bohrung gesteckt wird. So kann man zumindest die Rundung genau anreißen.

Das Pinolenlager (12) erhält für eine leichtgängige Führung der Pinole (11) eine geriebene 16-mm-Bohrung. Bei den Traversen (13 und 14 ) werden die je zwei Quernuten 5 x 20 mm am besten mit einem Schraubstock-Anschlagfinger und nach justierten Skalen gefräst. Auf diese Weise sind die Maße 5, 20, 30 und 20 bei allen vier Teilen gleich. Die Breiten 20 mm sollen stramm auf die Ständer (17) passen. Wenn auf diese Weise auch die Bohrungen für die M8-Inbusschrauben fertig sind, können die Ø20-Rundungen mit einem 20-mm-Fingerfräser eingestochen werden. Das macht man, indem man eine Traverse I und eine Traverse II an zwei kurze Reststummel der 20-mm-Ständer-Rohre im Schraubstock klemmt. Außerdem werden am vorderen Rohrstück zwei dünne 0,1-mm-Bleche außen mit geklemmt (Foto 3 ). Nur so werden später die Lagerbuchse (5) und das Pinolenlager (12) sicher geklemmt. Man sollte auch diese Rundungen mit einem 18-mm-Fingerfräser vorstechen. Damit man die zusammengehörigen Traversen-Paare nicht vertauschen kann, werden sie markiert (Foto 4 ). Die Fotos 5 , 6 , 7 und 8 zeigen Details der Presse und das Foto 9 die Gesamtansicht mit dem „Säulengestell“ einer L-Winkel-Prägevorrichtung. Mit den beiden Feingewinde-Muttern (links im Foto 5) wird der „Druckpunkt“ der Kniehebelpresse eingestellt. Foto 6 und die Abb. 9 zeigen die Ständerfüße und die Einbindung in die Grundplatte (18). Die benötigten Materialien gemäß der Stückliste bestellt man z.B. bei WILMS-Metall ( www.wilmsmetall.de ).

Stückliste

Teil-Nr.

Bezeichnung

Stück

Material

Rohmaße (in mm)

(ohne Bearbeitungs-Zugabe)

1

Zentrierscheibe (Ø 8,2)

2

Ast oder Ms

Ø 26 x 5

2

Zentrierscheibe (Ø 14,2)

2

Ast oder Ms

Ø 26 x 5

3

Zuganker

1

Ast oder Ms

Ø 14 x 312

4

M8-Anker

1

Ast oder Ms

Ø 8 x 312

5

Lagerbuchse

1

Ast oder Ms

Ø 24 x 25

6

Feingewinde-Mutter

4

Ast oder Ms

SW 19 x 8

7

Gegenlager

1

Ast oder Ms

Ø 24 x 72

8

Kniehebel I

1

Ast

16 x 16 x 46

9

Kniehebel II

1

Ast

16 x 16 x 46

10

Achse

3

Ast oder Ms

Ø 8 x 18

11

Pinole

1

Ast

Ø 16 x 97

12

Pinolenlager

1

Ast

Ø 20 x 50

13

Traverse I

2

Ast oder St37

20 x 20 x 126

14

Traverse II

2

Ast oder St37

20 x 20 x 126

15

Klemmring

1

Ast

Ø 22 x 10

16

Handhebel

1

Ast

Ø 10 x 200

17

Ständer

2

St37

20 x 20 x 288

18

Grundplatte

1

Alu, St37 oder Novotex/Pertinax

etwa 180 x 180 x 20 bis 25

Ast = Automatenstahl 9SMN28K, Ms = Dreh-Messing Ms58, Novotex = Hartpapier oder Pertinax = Hartgewebe

Jürgen Eichardt

Bildtexte: (alle Fotos: Jürgen Eichardt)

Foto 01: Mit dieser Spindelpresse habe ich z.B. Hunderte von winzigen Nietkopf-Imitaten gestanzt.

Foto 02: Nur zur Probe ist hier eine 20-mm-Rundstange geklemmt.

Foto 03: Der Frästisch ist in beiden Richtungen geklemmt und die Fräserdrehzahl sehr gering. Nur eine M8-Schraube klemmt die Traversen bei diesem Arbeitsgang.

Foto 04: Schlagzahlen-Markierungen, Körnerschläge genügen auch.

Foto 05: Ich stelle viele Teile aus Messing her, die man besser aus Stahl machen sollte.

Foto 06: Die Zentrierscheiben würde ich nicht weglassen.

Foto 07: Ab etwa dieser Stellung sollte die Presse drücken.

Foto 08: Hier hat der Klemmring noch M3-Stifte, zu klein!

Foto 09: Das Werkzeug (hier eine L-Winkel-Prägevorrichtung) wird mit Spanneisen (hier zwei Messing-Klötze) an der Grundplatte gehalten.

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